Brief CELLE 1842: Pastor Friedrich WALTHER über SCHELLING & STADTBRAND HAMBURG

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Sie bieten auf einen Brief von 1842 aus Celle.

Thematisiert wird u.a. der große Stadtbrand in Hamburg (5.-8. Mai 1842) und der Philosoph Schelling.

Verfasst von Heinrich Julius Christoph Friedrich Walther (1804-1863), von 1839 bis 1850 Pastor in Celle-Neuenhäusen. Er war verheiratet mit Lydia, geb. Hildebrand, einer Schwester des Theologen Julius Hildebrand (1804-1878), ab 1839 1. Pastor an der St.-Jacobi-Kirche in Göttingen und ab 1866 Generalsuperintendent der Generaldiözese Göttingen, mit dem er in Halle studiert hatte.

Die klassizistische Neuenhäuser Kirche wurde 1751 an Stelle einer 1710 errichteten Kapelle erbaut. 1866 kam der Glockenturm hinzu.

Gerichtet an seinen Freund Karl Heinrich Althaus (1806-1886) , Privatdozent und späterer Professor der Philosophie an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin.

Datiert Celle, den 9. Mai 1842.

Auszug: "Mein steter Gedanke ist jetzt Hamburg! Heute endlich geht die Nachricht ein, das Feuer sei gelöscht. Aber was werden wir noch hören von Schrecken- und Greuel-Scenen! - Hier sah man Nachts den rothen Schein am Himmel. - Es hat sich eine Unterstützungs-Committée gebildet, zu der ich mit gehöre u. in deren Sitzung zu gehen ich im Begriff bin. Ich hoffe, es geschieht überall etwas für die edle Stadt, die so vielen Wohlthaten beweisen; - aber - was wird es helfen. Es scheint, sie hat ihren jüngsten Tag erlebt!"

Dann über den Philosophen Schelling: "Deine Nachrichten über Schelling u. sein Treiben haben mich sehr interessirt. Ich bin schon lange auf den Neu- oder Um- oder Aus-Bau seines Systems gespannt. Aber ist er nicht ein Schlingel, daß er nichts drucken läßt? - Nun wir erleben's wohl noch. Bis dahin müssen wir versuchen, ohne ihn zur Wahrheit, Freiheit u. Seligkeit zu kommen. - Und in der That - mir ist nicht bange. Wie sollte mir, - kurz vor dem Pfingstfeste?"

Signiert "voll treuer Liebe Dein F. Walther."

Anm.: Der bedeutende Philosoph, Anthropologe, Theoretiker der sogenannten Romantischen Medizin und einer der Hauptvertreter des Deutschen Idealismus Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, ab 1808 Ritter von Schelling (1775-1854) wurde 1841nach Berlin auf den vakanten Lehrstuhl Hegels berufen; er war also ein Kollege des Empfängers. Dort lehrte er vor allem Religionsphilosophie (veröffentlicht als Philosophie der Mythologie und der Offenbarung). Sein Auftreten in der damaligen Metropole des Hegelianismus galt Karl Jaspers als das „letzte große Universitätsereignis“. Am 15. November hielt er dort seine Antrittsvorlesung und las im Wintersemester „Philosophie der Offenbarung“. Unter den Hörern befanden sich neben hohen Staatsbeamten, Militärs und Universitätsprofessoren auch Michail Alexandrowitsch Bakunin, Søren Kierkegaard, Friedrich Engels, Jacob Burckhardt, Savigny, Steffens, Trendelenburg, Leopold von Ranke, Alexander von Humboldt und weitere einflussreiche Intellektuelle des 19. Jahrhunderts.

Faltbrief (das erste Textblatt im Format 21,5 x 11,3 cm; die dritte Textseite mit der rückseitigen Adressierung 21,5 x 13,8 cm), mit grünem Lacksiegel "W" (durch Brieföffnung zweigeteilt).

Format (zusammengefaltet): 5,8 x 10,8 cm.

Zustand: Papier gebräunt; das Adressfeld fleckig. Bitte beachten Sie auch die Bilder!

Interner Vermerk: Althaus Vorphila

Über Verfasser und Empfänger (Quelle: eigene Recherchen) sowie den Stadtbrand von Hamburg (Quelle: wikipedia):

Heinrich Julius Christoph Friedrich Walther wurde 1804 geboren (nachweisbar ist die Geburt eines gleichnamigen Jungen am 5. Februar 1804 in Hannover, Sohn des Königlichen Hof-Konditors Johann Gottlieb Friedrich Walther und der Anne Sophie Henriette, geb. Dürr; um diesen könnte es sich handeln) und starb am 19. Februar 1863 als Pastor von Rehburg. Er heiratete Lydia, geb. Hildebrand, eine Schwester des Theologen Julius Hildebrand (1804-1878), und bekam mit ihr drei Kinder: Sophie, "Gustchen" (=Auguste?) und Johannes Paulus Martin (* Ende 1842).

Von 1839 bis 1850 war er Pastor in Celle-Neuenhäusen und von 1850 bis zu seinem Tod Pastor in Rehburg (Rehburg-Loccum).

Die Magdeburgische Zeitung berichtet in der 1. Beilage zur Nr. 49 vom 27. Februar 1863 über seinen tragischen Tod: "Hannover, den 23. Februar. Aus Rehburg wird der 'Z. f. Nordd.' gemeldet: Am vergangenen Mittwoch begiebt sich der hiesige Pastor Walther von einem Besuche seines Collegen in Schneeren Abends 9 Uhr auf den Weg nach hier zurück. Bei dem herrschenden Nebel verirrt sich derselbe in der Dunkelheit und sein Hund kommt Nachts 1 Uhr allein in Rehburg an. Sofort wird ein Bote nach Schneeren geschickt; dieser kehrt indessen nach 3 Uhr nachts zurück, ohne den Pastor gefunden zu haben. Jetzt werden Boten ausgesendet, um das Moor zu durchsuchen. Erst am Donnerstag früh 8 Uhr wird Walther in der Nähe einer Hecke, nicht weit von der Stadt, sitzend, den Kopf mit den Händen gestützt, todt gefunden. Der Kleidung nach zu urtheilen, ist Walther bis an den Hals in einen Moorgraben gerathen, hat sich mit Mühe aus demselben heraus gearbeitet, sich dann mühsam weiter geschleppt, bis durch Einwirkung der Kälte und Anstrengung ein Herzschlag sein Leben geendet hat."

Pastor Walther eröffnete im Herbst 1846 in Celle "eine höhere weibl. Bildungsanstalt" und hat "daneben eine sog. Akademie gestiftet, welche die Bestimmung hat, der reiferen weiblichen Jugend aus den höheren Ständen nach dem weibl. Schulcursus zu einer ferneren wissenschaftl. und ästhet. Bildung behülflich zu sein." (Quelle: Allgemeine Schulzeitung, Band 25, Jg. 1848, Sp. 1527).

Er veröffentlichte auch ein Gedicht: "Friedensworte bei Luthers Todtenfeier am Concordientage den 18. Feb. 1846 in der Versammlung des Gustav-Adolf-Vereins zu Celle", Celle, Capaun 1846.

Karl Heinrich Althaus wurde am 10. Dezember 1805 in Hannover als Sohn von Karl Philipp Christian Althaus (* 6 . April 1775 in Gehmen, gest. 28. März 1869 in Hannover), von 1805 bis 1869 ev.-reformierter Pastor in Hannover, und der Friederike, geb. Hinke geboren. Sein Geburtsjahr wird meist mit 1806 angegeben, da er laut den Kirchenbuch-Einträgen bei seiner Heirat am 8. April 1843 37 Jahre alt war und beim Tod am 22. Oktober 1886 80 Jahre. In einem Brief vom Pastor Heinrich Julius Christoph Friedrich Walther in Celle-Neuenhäusen an Karl Heinrich Althaus, der sich im selben Konvolut befand, wird Althaus jedoch zum Geburtstag am 10. Dezember gratuliert; also wurde er 1805 geboren.

Karl Heinrich Althaus promovierte 1837 in Halle (Dissertation: "Prolegomena de summo in literarum studio fine et de disciplinarum nexu. Particula I"; also über die Einführung zum Ende des Literaturstudiums und zur Verbindung der Disziplinen) und legte seine Habilitation 1838 in Berlin ab. Seit 1837 war er Privatdozent an der Universität Berlin, 1859 wurde er dort Professor.

Ab 1837 war Althaus in Berlin auch Mitglied des sog. Doktorclubs ("Doctorklubb") der Linkshegelianer, die die Kritik der Religion und des preußischen Staats vereinte. Dort verkehrte auch der junge Karl Marx (1818-1883), Karl Friedrich Köppen (1808-1863), Bruno Bauer (1809-1882) und Adolf Friedrich Rutenberg (1808-1869).

Am 8. April 1843 heiratete er in Berlin Angelika Luise (Angelica Louise) Schüler, geb. 1808 in Berlin als einzige Tochter des Kaufmanns Johann Benjamin Schüler; gest. am 25. August 1880 im Alter von 72 Jahren in Berlin. Ihr Vater hatte am 3. Dezember 1794 Carolina Sophia Tornow geheiratet, älteste Tochter des Spandauer Kaufmanns Carl Friedrich Tornow.

Sie war die Witwe des Professors der Philosophie in Halle Johann Georg Mußmann (1795-1833), den sie am 23. September 1830 geheiratet hatte (Sohn des Schmiedemeisters in Reichenberg bei Danzig Johann Friedrich David Mußmann). Diese Ehe war kinderlos geblieben.

Karl Heinrich Althaus starb am 22. Oktober 1886 im Alter von 80 Jahren in Berlin.

Aus der Ehe zwischen Karl Heinrich Althaus und Angelika Luise, geb. Schüler entsprangen drei Söhne:

-Karl Hermann Althaus (* 9. Februar 1 844 in Berlin), Dr. der Philosophie und Gymnasiallehrer, der am 1. März 1875 in Berlin Marie Louise Charlotte Anna Schrader von Beauvryé geheiratet hatte, geb. Anfang 1853 in Schöneberg bei Berlin als Tochter des Kgl. Rechnungsrats und Premierleutnants a.D. Albin Schrader von Beauvryé

-Heinrich Georg Althaus (* 25. Februar 1845 in Berlin, gest. am 31. Oktober 1894 in Berlin), Kgl. Landrichter und Landgerichtsrat in Berlin, der am 2. April 1884 in Berlin Marie Adelgunde Auguste von Dechend geheiratet hatte, geb. am 22. November 1855 in Berlin als Tochter des Reichsbank-Präsidenten Hermann von Dechend (1814-1890) und der Adelgunde, geb. Wilcke.

-Ernst Ludwig Althaus (* 9. Mai 1848 in Berlin), Dr. der Philosophie (Diss. Berlin 1874 "Quaestionum de Iulii Pollucis fontibus specimen") und Lehrer am Askanischen Gymnasium in Berlin. Am 15. April 1884 heiratete er in Berlin die Lehrerin Anna Elisabeth Schmiel (* 19. April 1857 in Berlin), Tochter des ordentlichen Lehrers am Lehrerinnen-Seminar der Augusta-Schule Wilhelm Ottomar Schmiel und der Julie Luise Anna, geb. Stieff. Ein Sohn von ihnen war Ernst Althaus (* 19. Februar 1889 in Berlin; † 21. April 1977 in Herford), deutscher Jurist und Oberbürgermeister der Städte Minden und Herford.

Der Hamburger Brand war ein großer Stadtbrand in Hamburg, der zwischen dem 5. Mai und dem 8. Mai 1842 große Teile der Altstadt zerstörte. Im Zusammenhang mit der Hamburger Geschichte wird häufig auch nur vom Großen Brand gesprochen. Das Feuer war noch in einer Entfernung von über 50 Kilometern sichtbar. Es gab Berichte, wonach man sogar in der Gegend von Spandau (d. h. rund 240 km entfernt) am 5. Mai „in der Richtung nach Hamburg zu eine eigenthümliche Rauchwolke und Nachts einen Lichtschein gesehen hatte, was man sich nun durch den Hamburger Brand“ erklärte. Zeitgenossen bezeichneten den Brand von Hamburg „seit jenem von Moskau“ als „wohl de[n] größte[n] im Norden unseres Welttheiles“.

Verlauf: Das Feuer brach am 5. Mai 1842 gegen ein Uhr morgens im Haus Nr. 44 in der Deichstraße am Nikolaifleet beim Zigarrenmacher Eduard Cohen, nach anderen Quellen im Haus Nr. 42, aus. Die genaue Ursache des Brandes blieb ungeklärt. Es wurde von den Nachtwächtern schnell bemerkt, doch den herbeigeeilten Spritzenleuten gelang es nicht, das Feuer zu löschen oder sein Übergreifen auf weitere Häuser zu verhindern. Aufgrund der vorangegangenen Trockenheit und anhaltender Winde breitete es sich schnell aus. Zeitweise drohte das Feuer sogar auf das am anderen, östlichen Ufer des Nikolaifleets gelegene Gebiet, den Cremon, überzugreifen, doch die kleineren Brandherde, die dort entstanden, konnten rechtzeitig erstickt werden. So weitete sich das Feuer im Nikolaiviertel hauptsächlich nach Norden und Westen aus. Überlegungen, die Ausweitung durch Sprengungen zu behindern, wurden zunächst verworfen.

Am Morgen des 5. Mai, dem Himmelfahrtstag des Jahres 1842, war bereits ein erheblicher Teil des Nikolaiviertels von den Flammen erfasst. In der Nikolaikirche hielt man noch den morgendlichen Hauptgottesdienst, auch am Mittag fand ein weiterer, letzter Gottesdienst statt. Gegen 4 Uhr nachmittags geriet der Turm in Brand und konnte trotz großer Anstrengungen nicht gerettet werden. Erzählungen nach erklang das Glockenspiel durch die Hitzewirkung ein letztes Mal, dann stürzte der Turm gegen 5 Uhr ein und setzte das Kirchenschiff in Brand.

Gegen Abend bedrohten die Flammen das alte Rathaus, das nordöstlich der Nikolaikirche an der Trostbrücke auf dem Platz stand, an dem sich heute das Haus der Patriotischen Gesellschaft befindet. Nachdem inzwischen ein Großteil der Akten in Sicherheit gebracht worden war, entschloss man sich, das Rathaus zu sprengen, doch die Sprengung gelang nur unvollständig, so dass die Flammen in den Trümmern ausreichend Nahrung fanden und sich über die Schneise hinaus ausbreiten konnten.

Im Verlauf des 6. Mai wanderte das Feuer nach Norden und erfasste das Gebiet, auf dem sich heute der Komplex der Börse und des Rathauses befindet. Es drohte die neue Börse zu erfassen, die erst im Dezember 1841 bezogen worden war. Obwohl das junge Gebäude zeitweise auf allen vier Seiten von Flammen umschlossen war, konnte es gerettet werden. Am Abend berührte das Feuer den Gänsemarkt; eine weitere Ausdehnung nach Westen konnte unter anderem mit Hilfe von Sprengungen aufgehalten werden.

Am 6. Mai wurde durch Dekret des Senats „der Senator Hudtwalcker mit diktatorischer Gewalt bekleidet“. Artillerie wurde „per Dampfboot aus Stade requirirt, da alles Pulver in Hamburg und Altona verbraucht war“.

Im Weiteren breitete es sich nach Osten und Norden aus. Am 7. Mai brannte trotz verzweifelter Rettungsversuche die Petrikirche nieder, ebenso die Gertrudenkapelle, die nicht wiederaufgebaut wurde; das Gelände östlich davon, einschließlich der Jacobikirche, blieb dagegen verschont. Binnenalster und Glockengießerwall geboten der Ausbreitung des Feuers schließlich Einhalt, und am 8. Mai brannte das letzte Haus in der Straße Kurze Mühren. Die Verlängerung der Kurzen Mühren zum Ballindamm hin heißt deshalb heute Brandsende. (Die Brandstwiete in der südlichen Altstadt hat dagegen nichts mit dem Großen Brand zu tun, sondern leitet sich ab von dem Hamburger Bürger Hein Brand, dessen Festnahme 1410 zum Aufstand der Hamburger Bürger führte und zur ersten Hamburger Verfassung.)

Im Laufe der Zeit waren Spritzen (Feuerwehren) aus Städten der näheren und ferneren Nachbarschaft hinzugezogen worden, unter anderem aus Altona, Uetersen, Wedel, Wandsbek, Geesthacht, Lauenburg, Lübeck, Stade und Kiel.

Wir haben eine schreckliche Nacht gehabt. Das Feuer wüthet noch immer fort und hat den ganzen Kern von Hamburg schon verzehrt. Die alte Börse, die alte Börsenhalle, das Rathhaus, die Bank liegen in Asche. Die Bankbücher sind geborgen. Jetzt brennt der ganze Dreckwall, und wenn der zwischen dem Dreckwall und dem neuen Wall liegende Graben den Flammen keinen Einhalt thut, so ist der Jungfernstieg auch verloren. Alles flüchtet sich vor die Thore. Viele Häuser sind durch Minen gesprengt und mehrere mit Kanonen eingeschossen worden, um dem Feuer Einhalt zu thun. Bis jetzt Alles vergebens!“

Bericht in der Allgemeinen Preußischen Staatszeitung, zitiert in Der Wanderer vom 13. Mai 1842

Gerüchte über eine mögliche Brandstiftung führten zu Mißhandlungen von Verdächtigen, einige davon möglicherweise mit Todesfolge. Betroffen waren „Einheimische und Fremde, namentlich Engländer“, die teilweise ihr Leben bei der Brandbekämpfung eingesetzt hatten. Deshalb sah sich der Senat zu einer öffentlichen Bekanntmachung veranlasst, „daß bis jetzt kein Grund vorliegt, an jene Gerüchte absichtlicher Brandstiftung zu glauben“, und es der Senat als seine „unabweisliche Pflicht betrachten muß, gegen diejenigen, welche sich dennoch solche Mißhandlungen erlauben, mit scharfer Ahndung zu verfahren“.

Folgen: Der Große Brand verwüstete mehr als ein Viertel des damaligen Stadtgebietes. 51 Menschen kamen ums Leben, die Zahl der Obdachlosen wurde auf 20.000 geschätzt, die Zahl der zerstörten Häuser auf etwa 1700 in 41 Straßen. 102 Speicher waren ebenso zerstört wie drei Kirchen, darunter die Hauptkirchen St. Nicolai und St. Petri, das Rathaus, die Bank, das Archiv und das Commercium mit der alten Börse.

Über Jahre hinweg war das Stadtbild von den zerstörten Flächen und den darauf errichteten Behelfswohnungen geprägt, welche die Obdachlosigkeit von Bürgern und Gewerbe lindern sollten.

Bereits am 6. Mai hatte sich im Haus des Kaufmanns August Abendroth ein Hilfsverein für die Opfer der Brandes konstituiert, dessen Mitglieder auf Beschluss des Senates vom 11. Mai einer eingesetzten öffentlichen Unterstützungsbehörde beitraten. Gleichzeitig gaben die großflächigen Zerstörungen in der Altstadt Gelegenheit, das innere Stadtgebiet umfassend neu zu gestalten und die Infrastruktur zu modernisieren. Die Planungen dazu wurden ebenfalls noch im Mai 1842 unter der Federführung des englischen Ingenieurs William Lindley in Angriff genommen, noch bevor am 26. Mai die Aufräumarbeiten begannen. Maßgeblich beteiligt an der Erneuerung des Stadtbildes war der Hamburger Architekt Alexis de Chateauneuf, außerdem flossen Vorschläge des Architekten Gottfried Semper in das Gemeinschaftswerk ein. Besonders radikal änderte sich das Gebiet um die Kleine Alster, wo ein neues Stadtzentrum geschaffen wurde. Klosterstraßenfleet und Gerberstraßenfleet wurden zugeschüttet, die kleine Alster in ihre heutige rechteckige Form gebracht und der Platz für Rathaus und Rathausmarkt vorbereitet, auch wenn es noch 44 Jahre bis zur Grundsteinlegung für das heutige Hamburger Rathaus dauern sollte, und weitere elf Jahre bis zu seiner Eröffnung.

Kennzeichnend für die Bauten, die nach dem großen Brand entstanden, waren klassizistische Formen und Anleihen bei italienischen Städten. Prägend wurde der Rundbogenstil, der das Erscheinungsbild zahlreicher Bauten wie des Postgebäudes oder der Niemitz-Apotheke am Georgsplatz bestimmt. Diese Nachbrandarchitektur ist heute noch etwa bei den Alsterarkaden oder dem Postgebäude des Architekten Alexis de Chateauneuf zu sehen, insgesamt sind allerdings nur wenige Beispiele erhalten geblieben.

Am 16. Juni beschloss die Bürgerschaft auf Antrag des Senats die Einsetzung einer außerordentlichen Rats- und Bürgerdeputation zum Wiederaufbau der Stadt. Zu den Aufgaben sollten die bauplanerischen Begleitung, die Beschlussfassung über die dafür notwendigen Geldmittel, aber auch zur Verbesserung des Löschwesens und der innerstädtischen Wasserversorgung, sowie der Reform der Feuer-Kasse gehören. Der Deputation sollten fünf Mitglieder des Senats und vierzehn Bürger angehören. Unter ihnen waren

Senatssyndicus Wilhelm Amsinck,

Senatssyndicus Edward Banks,

Senator Andreas Friedrich Spalding,

Senator Martin Johann Jenisch der Jüngere,

Senator Heinrich Kellinghusen,

Oberalter Johann Jürgen Nicolaus Albrecht,

aus dem Kollegium der 60er Anton Dietrich Schröder,

aus der der Kämmerei Friedrich Hinrich Suse und Christian Wilhelm Köhler sowie

Eduard Johns und Hermann Baumeister als Deputierte aus dem Kirchspiel St. Petri,

Christian Jacob Johns und Georg Heinrich Kaemmerer aus dem Kirchspiel St. Nicolai,

Johannes Amsinck und Heinrich Geffcken aus dem Kirchspiel St. Katharinen,

Carl Ludwig Daniel Meister und Franz Georg Stammann aus dem Kirchspiel St. Jacobi sowie

Johann Friedrich Anton Wüppermann und Theodor Dill aus dem Kirchspiel St. Michaelis.

Die innerstädtische Wasserversorgung durch Schöpfwerke war großenteils vernichtet und wurde auch nicht wiederhergestellt; stattdessen errichtete man ein Wasserwerk in Rothenburgsort. Zerstört waren ebenfalls die Wassermühlen an der Alster. Obwohl sich abzeichnete, dass Wassermühlen technisch überholt waren, baute man noch eine neue Stadtwassermühle an der Poststraße, die durch eine unterirdische Leitung von der Binnenalster gespeist wurde.

Die Stauhöhe der Alster konnte gesenkt werden, was die Gebiete Uhlenhorst und Harvestehude für eine Besiedelung verfügbar machte. Auch der bisher überwiegend als Weideland genutzte Hammerbrook wurde nach dem Brand planmäßig entwässert, aufgehöht und erschlossen, um zusätzlichen Wohnraum für die zahlreichen Obdachlosen zu schaffen. Im Bereich der Innenstadt wurden erste Fleete mit Trümmerschutt verfüllt, um unter anderem Platz für breitere Straßen zu schaffen.

Für die Stadtentwässerung wurden unterirdische Kanäle zur Elbe gegraben. Außerdem begann man mit dem Aufbau einer Gasbeleuchtung anstelle der alten Öllampen.

Von den drei zerstörten Kirchen wurden nur zwei wiederaufgebaut. Die Petrikirche erhielt in etwa ihr altes Aussehen und ist in dieser Form bis heute erhalten geblieben; anstelle der alten Nikolaikirche entstand einer der bedeutendsten neugotischen Kirchenbauten Europas. Der neue Turm war lange Zeit das höchste Gebäude Hamburgs. Die neue Nikolaikirche wurde aber im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt, und heute stehen nur noch der Turm und einige Mauerreste.

Für das Hamburger Umland hatte der Brand vor allem eine wirtschaftliche Bedeutung. Die Ziegeleien in den Marschgebieten beispielsweise an Elbe und Oste florierten in der Folgezeit wegen des großen Baustoffbedarfs.

Ein wichtiges Ereignis der Hamburger Geschichte musste wegen des Großen Brandes verschoben werden, nämlich die Eröffnung der ersten Hamburger Eisenbahnstrecke. Diese führte nach Bergedorf und sollte am 7. Mai 1842 dem Verkehr übergeben werden. Anstelle von Ehrengästen beförderten die ersten Züge Flüchtlinge aus der brennenden Stadt – der planmäßige Betrieb wurde erst am 17. Mai ohne Feierlichkeiten aufgenommen.

Am 8. Mai 1843, dem ersten Jahrestag des Brandes, wurde auf Antrag Eines Ehrbaren Rathes an Erbgesessene Bürgerschaft beschlossen, mit einer Commission den innigsten Dank für die unterschiedlichen Hilfeleistungen darzubringen und die feierliche und öffentliche Überreichung von Gedenkmünzen und -medaillen aus Bronze bzw. Kupfer der geschmolzenen Glocken vorzunehmen.[13] Zur besonderen Anerkennung wurden 1843 Johann Smidt, dem Bürgermeister der Freien Hansestadt Bremen, dem Oberpräsidenten der Stadt Altona und dem Oberpräsidenten der preußischen Provinz Sachsen zu Magdeburg das Hamburgische Ehrenbürgerrecht verliehen.

Schadensersatz durch die Feuerversicherer: Die Hamburger Feuerkasse, die alle betroffenen Gebäudebesitzer entschädigte, gab an, dass 20 Prozent des Gebäudebestands zerstört waren. Sie musste Kredite aufnehmen, die erst 40 Jahre später vollständig abbezahlt waren. Die Aachener Feuerversicherungs-Gesellschaft, eine Vorläuferinstitution der heutigen AachenMünchener Versicherung, zahlte eine Entschädigungssumme von 320.000 Talern; die hauptgeschädigte Feuerversicherungsbank, die Gothaer Feuer, zahlte insgesamt 1,4 Millionen Taler als Entschädigung. Der gesamte Sachschaden wurde auf mehr als 140 Millionen Mark geschätzt. Die Hamburger Feuerkasse, eine öffentliche Gebäudeversicherungsanstalt, hatte bei einer Gesamtversicherungssumme von 223 Millionen Mark einen Schaden von 45 Millionen Mark zu ersetzen. Dazu wurde eine Anleihe in Höhe von 48 Millionen Mark aufgelegt, deren Tilgung zum Teil aus Steuermitteln erfolgte und erst 1888 abgeschlossen war. Diese durchaus logische Verfahrensweise konnten die privaten Feuerversicherungen nicht wählen. So musste die 1795 auf Betreiben von Georg Ehlert Bieber gegründete Association Hamburgischer Einwohner zur Versicherung gegen Feuersgefahr Insolvenz anmelden, weil sie bei einer Schadensersatzforderung von mehr als 18 Millionen Mark nur über Rücklagen von 500.000 Mark verfügte. Zwei Hamburger Feuerversicherungen ereilte das gleiche Schicksal: die Zweite Hamburgische Assekuranz-Compagnie mit 1,6 Millionen Mark und die Fünfte Hamburgische Assekuranz-Compagnie mit 4,3 Millionen Mark Schadenssumme. Eine weitere Versicherung, die Patriotische Assekuranz-Compagnie, verdoppelte ihr Aktienkapital und konnte die Schadenssumme in Höhe von 1,5 Millionen Mark ausgleichen. Der Feuerassekuranzverein Altona, der nur wenig betroffen war, konnte die Forderungen voll erfüllen. Größtenteils sehr schnell und in voller Höhe beglichen die überregionalen, teils ausländischen Feuerversicherer ihre Verpflichtungen. Dazu gehörten zwei französische, drei oder vier englische und vier deutsche Versicherer (Aachen und Münchener, Colonia, Leipziger und die Gothaer). Die 1782 gegründete Londoner Phoenix Assurance Company veröffentlichte in einer Festschrift der Boulevardzeitschrift Daily Herald im Jahre 1960 eine Schadenssumme von 250.000 Pfund Sterling – das entsprach etwa 1,7 Millionen Talern, die Versicherungsgesellschaft Sun nannte in der gleichen Zeitschrift eine Summe von 117.000 Pfund, entsprechend 800.000 Talern. Die Londoner Allianz nannte in einer 1924 erschienenen Festschrift 40.000 Pfund – 170.000 Taler. Den größten Schaden der englischen Versicherer hatte die Liverpooler Royal, deren Schaden noch höher als der der Sun war. Die Schäden der deutschen Versicherer beliefen sich auf 1,4 Millionen Taler bei der Gothaer, 320.000 Taler bei der Aachener und Münchener, 114.000 Taler bei der Colonia und 67.000 Taler bei der Leipziger. Der Aachener-und-Münchener-Direktor Brüggemann sorgte persönlich dafür, dass alle Schäden innerhalb von zwei Wochen gezahlt waren, die Colonia tat dies innerhalb von fünf Wochen und die Gothaer innerhalb von drei Monaten.

Rezeption: Heinrich Heine, der 1843 eine Deutschlandreise unternahm, besuchte auch das wieder im Aufbau befindliche Hamburg. Der Hamburger Brand ist in das 21. Kapitel (Caput XXI) seines Versepos Deutschland. Ein Wintermärchen eingegangen.

  • Condition: Papier gebräunt; das Adressfeld fleckig. Bitte beachten Sie auch die Bilder!
  • Produktart: Handgeschriebenes Manuskript
  • Erscheinungsjahr: 1842
  • Original/Faksimile: Original
  • Erscheinungsort: Celle
  • Region: Europa
  • Autor: Heinrich Julius Christoph Friedrich Walther
  • Material: Papier
  • Genre: Religion
  • Sprache: Deutsch
  • Eigenschaften: Erstausgabe, Signiert

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