Zum 2. Dezember 1888 (Szene im Schloß Schönbrunn zum 40. Thronjubiläum von Kaiser Franz Joseph I.).
Original-Holzstich von 1888.
Nach dem Originalgemälde von Heinrich Carl Schubert (1827-1897).
In der Platte signiert: "H. Schubert 1888".
Abgebildet sind von links nach rechts:
Erzherzogin Gisela, Prinz Leopold von Bayern, Elisabeth Kaiserin von Österreich, Erzherzogin Marie Valerie, Franz Joseph I. Kaiser von Österreich, Erzherzogin Stephanie, Erzherzogin Elisabeth, Erzherzog Rudolf.
An der rechten unteren Ecke mit eingeprägtem Adelswappen.
Größe 195 x 290 mm.
Mit minimalen Alterungs- und Gebrauchsspuren, im unbedruckten Randbereich gering altersfleckig, sonst sehr guter Zustand.
Hervorragende Bildqualität auf Kunstdruckpapier – Von äußerster Seltenheit!!!
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Juli 1827 in Wien; † 12. Februar 1897 ebenda) war ein österreichischer Landschafts- und Blumenmaler sowie Zeichenlehrer. Leben und Wirken Den ersten Malunterricht erhielt er bei seinem Vater, dem Maler Karl Schubert. Danach studierte er von 1841 bis 1850 an der Akademie der Bildenden Künste Wien bei Thomas Ender und Franz Steinfeld. Er begleitete seine Professoren auf Studienreisen. Nach dem Studium beschäftigte er sich hauptsächlich mit der Landschaftsmalerei, anfangs in Öl und ab etwa 1860 in Aquarell. Um 1870 widmete er sich der Blumenmalerei. Leopoldine Fürstin Pálffy bestellte bei ihm eine Serie von Aquarell-Landschaften. Für Melanie Gräfin Metternich-Zichy (1832–1919) schuf er nach Vorlagen zehn Bilder aus Mexiko. Ab 1875 wurde er als Zeichenlehrer des Prinzen Ferdinand von Sachsen-Coburg und Gotha (1861–1948), des späteren Fürsten und Zaren von Bulgarien, angestellt. Er begleitete den Prinzen auf einer Reise durch Bulgarien bei der er die schönsten Landschaften in Aquarellen festhielt. Später fungierte er als Lehrer bzw. Reisebegleiter für die Familie des Off. und Technikers Artmann, ein Feinmaler der Aquarell-Landschaft. Schubert war von 1868 bis 1877 Mitglied der Genossenschaft der bildenden Künstler Österreichs (Künstlerhaus). Franz Joseph I. (* 18. August 1830 in Wien-Schönbrunn; † 21. November 1916 ebenda) aus dem Haus Habsburg-Lothringen, war Kaiser von Österreich sowie Apostolischer König von Ungarn 1848–1916. Sein Name in den anderen Sprachen der Donaumonarchie: Francesco Giuseppe (italienisch), František Josef (tschechisch), I. Ferenc József (ungarisch), František Jozef I (slowakisch), Franciszek Józef (polnisch), Franjo Josip (kroatisch), Franc Jožef (slowenisch), Francisc Iosif (rumänisch), Franc Josyp I (ruthenisch/ukrainisch). Leben Franz Joseph Karl von Habsburg wurde am 18. August 1830 um 9:45 Uhr als Sohn von Erzherzog Franz Karl, dem jüngeren Sohn von Kaiser Franz I., und Prinzessin Sophie von Bayern in Wien geboren. Während der Niederschlagung der Märzrevolution von 1848, durch den Rücktritt seines Onkels Ferdinand I. und den Thronverzicht seines Vaters wurde er bereits mit 18 Jahren neuer Kaiser von Österreich. Von Anfang an sah er seine Hauptaufgabe darin, eine weitere Revolution zu verhindern und stützte sich dabei hauptsächlich auf das Militär (Armee und Kriegsmarine) und die Kirche. Kaum eine Darstellung zeigt ihn anders als in der Uniform des Obersten Kriegsherrn. 1853 überlebte Franz Joseph ein Attentat und lernte in seiner Sommerresidenz in Ischl seine erst 16jährige Cousine Elisabeth kennen. Elisabeth war die zweite Tochter von Herzog Max Joseph in Bayern und Ludovika Wilhelmine, Tochter des bayerischen Königs Maximilian I. und Schwester von Franz Josephs Mutter Sophie. Eigentlich war zwischen den Müttern vereinbart, dass Elisabeths ältere Schwester Helene die Aufmerksamkeit des 23jährigen Franz Joseph I. gewinnen sollte. Statt dessen verliebte sich Franz Joseph in Elisabeth, die er am 24. April 1854 in Wien heiratete. In kurzer Zeit kamen drei Kinder zur Welt: Sophie (1855-1857), Gisela (1856-1932) und Kronprinz Rudolf (1858-1889). Elisabeth wurde jedoch jeder Einfluss auf die Erziehung ihrer ersten drei Kinder verweigert. 1868 wurde ihr viertes Kind Marie-Valerie (1868-1924) geboren. Kaiser Franz Joseph hielt den Kronprinzen Rudolf von allen Staatsgeschäften fern. Nachdem Rudolf seine streng militärische Ausbildung - erst nach mehreren Interventionen seiner Mutter Elisabeth beim Kaiser - abbrechen durfte, widmete er sich naturwissenschaftlichen Studien und arbeitete an Brehms Tierleben mit. Er war auch als Journalist in der liberalen Presse tätig, natürlich anonym und ohne Wissen seines Vaters. Auf Druck des Kaisers heiratete er 1881 Prinzessin Stephanie, Tochter des belgischen Königs Leopold II.. Der Ehe entstammte eine Tochter, Elisabeth, geboren 1883. Kronprinz Rudolf starb am 30. Jänner 1889 durch Suizid. Das Recht der Thronfolge ging nach dem Tod von Franz Josephs Brüdern, Maximilian (dem glücklosen Kaiser von Mexiko) im Jahre 1867 und Erzherzog Karl Ludwig im Jahre 1896, auf den Sohn des Letztgenannten, Erzherzog Franz Ferdinand über. Franz Ferdinands Kinder waren jedoch nicht erbberechtigt, da er mit Sophie Chotek, Reichsgräfin von Hohenberg verheiratet war, die zwar dem tschechischen Uradel entstammte, aber dem Kaiserhaus nicht ebenbürtig war. Nach dem Tod ihres Sohnes Rudolf reiste Kaiserin Elisabeth ziel- und ruhelos in Europa umher. Am 10. September 1898 wurde sie in Genf von einem Attentäter, Luigi Lucheni, mit einer Feile ermordet. Das 60-Jahres-Jubiläum des Regierungsantritts Franz Josephs wurde im Jahre 1908 in der gesamten Monarchie noch gebührend gefeiert. Am 28. Juni 1914 erlebte der Kaiser jedoch auch noch den gewaltsamen Tod seines Thronfolgers Franz Ferdinand. In Sarajevo wurden der Thronfolger und seine Frau in ihrem Automobil von einem serbischen Attentäter erschossen. Das Ultimatum an das Königreich Serbien zur Auslieferung der Hintermänner des Attentats und die darauf folgende Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien lösten am 28. Juli 1914 den „großen Krieg” (später Erster Weltkrieg genannt) aus. Zwei Jahre später verstarb der 86jährige Franz Joseph I. mitten im Krieg am 21. November 1916. Die pompösen Begräbnisfeierlichkeiten wurden vom Krieg überschattet und dem sich anbahnenden Zerfall der österreichisch-ungarischen Monarchie, des Vielvölkerstaates, der vom Kaiser zusammengehalten worden war. Sein Nachfolger Karl I. regierte nur noch zwei Jahre bis zum Ende des zu einem Weltkrieg ausgedehnten großen Krieges 1918. Politik Innenpolitik Die nach der Regierungsübernahme von Kaiser Franz Joseph I. (im Revolutionsjahr 1848) am 4. März 1849 erlassene Reichsverfassung (Oktroyierte Märzverfassung) wurde nie voll durchgeführt und am 31. Dezember 1851 mit den "Silvesterpatenten" gänzlich abgeschafft. Von nun an regierte der junge Kaiser wieder absolutistisch und entschieden zentralistisch. Erst die Niederlage 1859 gegen Napoléon III. von Frankreich und die Truppen Piemont-Sardiniens in der blutigen Schlacht von Solferino und Magenta, bei der Franz Joseph selbst den Oberbefehl übernommen hatte, bereitete den Weg für Verfassungsreformen: es folgten 1860 das Oktoberdiplom und 1861 das Februarpatent, die - gegen den Widerstand Franz Josephs - die Rückkehr zu konstitutionellen Verhältnissen einleiteten. Die Niederlage gegen Preußen 1866 brachte Franz Joseph nach zähem Ringen zum Österreichisch-Ungarischen Ausgleich, durch den eine Realunion der beiden Reichsteile entstand. Am 8. Juni 1867 wurde Franz Joseph in Budapest zum Apostolischen König von Ungarn gekrönt, wobei der Doppelstaat Österreich-Ungarn entstand. Die nicht-ungarischen (cisleithanischen, d.h. diesseits des Flusses Leitha liegenden) Länder erzielten am 21. Dezember 1867 eine konstitutionelle Verfassung (Dezemberverfassung). An dieser Verfassung hielt Franz Joseph bis zu seinem Tod fest - alle Reformpläne (auch die seines designierten Nachfolgers Franz Ferdinand) lehnte er ab. Vor allem seine Reformunfähigkeit gab den Unabhängigkeitsbestrebungen der Völkerschaften seines Reiches neue Nahrung und führten schließlich nach seinem Tod und nach dem verlorenen Krieg zum Zerfall des Vielvölkerstaates. Außenpolitik Außenpolitisch gab es während der Regierungszeit Kaiser Franz Josephs I. eine Serie kleiner Siege und große militärische Niederlagen. Im italienischen Krieg gegen Napoléon III. und vor allem Sardinien-Piemont wurden seine Soldaten aus Italien vertrieben; nach der Niederlage im österreichisch-preußischen Krieg 1866 schieden die Habsburger aus der gesamtdeutschen Politik aus. Militärische Leistungen wie Tegetthoffs Sieg in der Seeschlacht von Lissa blieben bedeutungslos. Nach 1879 lehnte sich die Habsburger Monarchie eng an das 1871 neu gegründete Deutsche Kaiserreich an, wodurch es zwar einen mächtigen Verbündeten (etwa in Balkanfragen) bekam, gleichzeitig aber in die kommenden Bündnissysteme (vor 1914) verstrickt wurde. 1878 wurde Bosnien von den Truppen der k.u.k. Monarchie besetzt, 1908 annektiert. Die politischen Verstrickungen auf dem Balkan, gemeinsam mit den Automatismen der Bündnispolitik, brachten 1914 auch das Verhängnis eines zweiten europäischen Großkrieges, der sich zum (ersten) Weltkrieg ausdehnte. Ohne den Krieg aktiv betrieben zu haben, setzte Franz Joseph doch seine Unterschrift unter die Kriegserklärung an Serbien, wodurch die ungelösten Nationalitätenprobleme seines Vielvölkerreiches, das er mit großer Zähigkeit bislang vor dem Untergang bewahrt hatte, unbeherrschbar wurden und sein Reich zuletzt unterging. Kultur und Wirtschaft Besonders der wirtschaftliche Aufschwung der Donaumonarchie ist mit der Ära Franz Josephs I. verbunden, dessen Namen nach wie vor auf vielen Wiener Prachtbauten aus dieser Zeit als Inschrift zu lesen ist. Nach der Schleifung der mittelalterlichen Stadtbefestigungen Wiens auf Anordnung des Kaisers war Platz für eine die gesamte Innenstadt umfassende Prachtstraße, der Ringstraße geworden, die heute noch lebendiges Zeugnis seiner Epoche ist. Unter seiner Regentschaft blühte die Geisteskultur in Österreich-Ungarn wie nie zuvor und nie danach, ohne dass der Monarch freilich - im Gegensatz zu seinem Sohn Kronprinz Rudolf - aktiv an diesen kulturellen und intellektuellen Strömungen, die ihm völlig fremd blieben, Anteil genommen hätte. Der Suizid des Architekten Van der Nüll, Miterbauer der Wiener Oper, als Reaktion auf eine Kritik des Kaisers, veranlasste Franz Joseph, zu kulturellen Angelegenheiten nur noch sehr zurückhaltend Stellung zu nehmen. Es heißt, der Kaiser habe sich bei allen möglichen kulturellen Anlässen nur noch mit der stereotypen Phrase: „Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut!“ geäußert. Die Zurückhaltung des Kaisers erlaubte es dem Architekten Adolf Loos, genau gegenüber dem barocken inneren Burgtor der kaiserlichen Hofburg im Jahre 1910 sein umstrittenes erstes schmuck- und ornamentloses Wohnhaus zu bauen. Franz Joseph soll die Hofburg seit damals stets durch andere Tore verlassen haben. Der Kaiser und der Film Obwohl Kaiser Franz Joseph technischen Neuerungen grundsätzlich skeptisch bis ablehnend gegenüberstand, hatte er vom Film eine positive Meinung - wohl in Anerkennung des großen Werbe- und Propagandapotentials dieses vor allem unter der einfachen Bevölkerung besonders beliebten Mediums. So ließ er sich häufig von - vorerst jedoch nur französischen Operateuren - bei seinen Aktivitäten filmen: Etwa bei den „Kaisermanövern“ mit seinem reichsdeutschen Pendant Kaiser Wilhelm in Mähren 1909, bei der Gamsjagd im selben Jahr in Bad Ischl, bei der Hochzeit von Thronfolger Karl 1911 in Schwarzau, oder auch an der Adria-Ausstellung 1913 in Wien. 1911 berichtete die Kinematographische Rundschau über ein Vorkommnis bei einer Rede des Kaisers an seinem 81. Geburtstag, an der auch ein Operateur der Oesterreichisch-Ungarischen Kinoindustrie, wie die Wiener Kunstfilm-Industrie damals noch hieß, anwesend war. Er stellte seinen Aufnahmeapparat nahe an den Kaiser, wurde jedoch von einem Mann des Gefolges aufgrund des Knarrens des Apparates aufgefordert, während der Rede des Kaisers nicht zu filmen. „Kaiser Franz Joseph hörte es, faßte den Herrn des Gefolges beim Arm und sagte, so daß es der Operateur hören konnte: ‚Lassen Sie den Mann nur seine Arbeit verrichten, mich stört es nicht!‘ Der Operateur drehte weiter, und als der Kaiser geschlossen, winkte er dem Kinematographen freundlich zu.“ Als der Kaiser 1916 starb, entstand der letzte große „Hofbericht“ aus der Monarchie. Sascha Kolowrat-Krakowsky filmte das Begräbnis für die Wiener Kinos. 1993 stellte das Österreichische Filmarchiv unter dem Titel „k.u.k.: Kaiser und Kinematographie“ eine 3-stündige Aneinanderreihung sämtlicher Aufnahmen von Kaiser Franz Joseph zusammen. Darunter auch Aufnahmen von seiner „Reise durch Bosnien und die Herzegowina“ im Jahr 1910, wo unter anderem christliche und muslimische Kinder gemeinsam beim friedlichen Vorbeigehen an einem Aufnahmeort zu sehen sind. Einschätzung und Legendenbildung Kaiser Franz Joseph ist bis heute in der Geschichtsschreibung eine äußerst zwiespältige Figur. In seiner Anfangszeit nach der Revolution von 1848 unpopulär bis zur Verhasstheit, wurde er (nicht zuletzt in Ungarn) mit dem repressiven Säbelregiment des Nachmärz assoziiert. Die gesellschaftlichen und geistigen Entwicklungen der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gingen an ihm vorbei (letzteres in auffälligem Kontrast zu seinen kunstinteressierten Vorfahren) und die liberalen Reformen nach 1859 geschahen gegen seine innere Überzeugung. Nach historischer Meinung wäre, neben dem erfolgten Ausgleich mit Ungarn, auch ein Ausgleich mit Böhmen notwendig gewesen, um den Fortbestand der Monarchie zu sichern. Der Wirtschaftsfachmann Ernest von Koerber, Ministerpräsident 1900-1904, formulierte seine Einschätzung so: Der Kaiser hat Österreich zweimal unendlich geschadet - einmal durch seine Jugend und einmal durch sein Alter. Dagegen wurde der Kaiser schon zu Lebzeiten zu einer teilweise mit nostalgischem Flair umwobenen Figur (so etwa bei Joseph Roth in seinem Roman Radetzkymarsch), nicht zuletzt auch wegen der Beziehung zu seiner Frau Elisabeth (bekannter unter ihrem Kosenamen Sisi, im Film ”Sissi” genannt) und dem Briefwechsel mit der Schauspielerin Katharina Schratt, mit der er schon zu Lebzeiten seiner Frau eine lange Beziehung pflegte - übrigens auf Elisabeths Initiative hin. Seine Schicksalsschläge (1867 Hinrichtung seines Bruders Maximilian in Mexiko, 1889 Suizid seines Sohnes Kronprinz Rudolf, 1898 Ermordung seiner Frau Elisabeth, 1914 die Ermordung seines Neffen und Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand und dessen Frau beim Attentat von Sarajewo) ließen ihn in den Augen seiner Untertanen als einen Mann erscheinen, der stoisch ein schweres Schicksal trug. "Mir bleibt auch nichts erspart!" soll der Kaiser nach dem Bekanntwerden des Attentats auf seine Frau, Kaiserin Elisabeth, gesagt haben. In den letzten Jahren seiner Herrschaft wurde er, auch aufgrund seines äußeren Erscheinungsbildes, mehr und mehr als gütiger älterer Herr gesehen. Dieses Bild wird heute am häufigsten mit seiner Person in Verbindung gebracht. Gegenüber den nach 1900 überbordenden Nationalitätenkonflikten wirkte er als eine Instanz der Bewahrung und des Zusammenhalts. Nachkommen Erzherzogin Sophie Friederike (1855-1857) Erzherzogin Gisela (1856-1932) ∞ 1873 mit Prinz Leopold von Bayern, Sohn von Prinzregent Luitpold von Bayern und dessen Gattin Erzherzogin Auguste Ferdinande von Österreich Kronprinz Rudolf (1858-1889) ∞ 1881 mit Prinzessin Stephanie, Tochter von König Leopold II. und dessen Gattin Erzherzogin Marie Henriette von Österreich Erzherzogin Marie Valerie (1868-1924) ∞ 1890 mit Franz Salvator von Österreich-Toskana, Sohn von Erzherzog Karl Salvator von Österreich-Toskana und dessen Gattin Prinzessin Maria Immaculata von Neapel-Sizilien Sozialhistorische Annotationen Die Gesellschaftspyramide gipfelte in der sozialen Rolle des Kaisers als sakrosankter, fast religiös überhöhter Spitze. „Der höchste Beamte war Gott. Gott aber war eine unsichtbare Instanz, zu der nur ein indirekter Dienstweg ... beschreitbar war. Gott trug weder eine Zivildienst- noch eine Militäruniform. Seine k.u.k. Apostolische Majestät, der Kaiser in Wien, trug als nächster im Range eine Generalsuniform mit Eichenlaub am Kragen, wodurch er sich von der anderen Generalität unterschied. Vom Kaiser ging die Leiter ununterbrochen abwärts ...“ (Franz Werfel, Abituriententag) Die Ausbildung hierarchischer Strukturen wird sozialpsychologisch teilweise mit der These erklärt, dass ein Kind, nachdem es erkannt hat, „wie beschränkt tatsächlich die Allmacht des Vaters ist,“ oft nicht anders kann, als sich „immer wieder einen neuen Vater zu suchen: Im Lehrer, im Pfarrer, im Bürgermeister, in Königen und Kaisern. Mit einer gewissen Regelmäßigkeit wird das Vaterbild auf mehrere Personen aufgeteilt, wobei die furchterregenden Eigenschaften in einer den Erziehern wohlbekannten und den meisten erwünschten Wahl auf den Polizeimann, Flurwächter und sonstige Amtspersonen übertragen werden.“ Kaiser Franz Joseph war das Bindeglied zwischen der aus der christlichen Trinität stammenden göttlichen Vatergestalt und den menschlichen Vätern: „Gott und Kaiser haben die besondere Stellung in der Vaterreihe gemeinsam, dass man ihnen anhängt, ohne sich mit ihnen zu messen und ihre Höhe erreichen zu wollen ... Das Kind hat das Verlangen, von einem ... Wesen abzuhängen, dessen Größe, Macht und Wissen ihm absolute Sicherheit und Schutz gewähren. Der Wunsch nach einem solchen Vater lässt eben den wirklichen Vater fallen und bleibt als Bedingung für die Wahl der Vatergestalten. Er schafft die Intensität der Verehrung und Abhängigkeit für die späteren Autoritäten, als letztes irdisches Abbild, für den König und Kaiser. Der Sicherheitsgewinn der uralten Wunscherfüllung, die in der tiefsten Seele das Paradies der Kindheit mit seinem unvergleichlichen Vater bewahrte, erhielt sich trotz der Kritik des Verstandes.“ (Paul Federn, Zur Psychologie der Revolution) In der Gesellschaft zählte, wie unter anderem Stefan Zweig anschaulich berichtet, der ältere, reife Mann, weniger der jugendliche. Das Greisenhafte des alten Kaisers verstärkte die mythische Weihe seiner Patriarchenrolle. „Vom Alter zu Boden gedrückt und des nahen Endes bewußt, verschlossen in seiner Einsamkeit ... scheint der Kaiser ... die heroische Mediocritas zu verkörpern.“ (Claudio Magris, Der Habsburgische Mythos) Die gesellschaftlich institutionalisierte Vaterrolle des Kaisers wurde durch individuelle Züge höchst wirksam ergänzt. Franz Joseph präsentierte sich als statische, leidgeprüfte Gestalt, die „mit der zwangsneurotischen Pedanterie einer Maschine“ am Schreibtisch saß, Akten studierte und unterschrieb, meint Erwin Ringel. „Der Mann wurde schon in der Kindheit durch seine Mutter und die Erziehung vernichtet, hat dann 68 Jahre regiert, (und) hat in dieser überlangen Zeit keine einzige konstruktive Idee gehabt ... “ Diese Diagnose resultiert aus des Kaisers Pessimismus und dem Wissen um die eigene Erfolglosigkeit, jedoch gepaart mit Pflichterfüllung bis zuletzt und dem Wunsch, mit Ehren zugrunde zu gehen, ferner der „Scheu vor Entscheidungen, Reformen und Veränderungen.“ Drang nicht manches davon auch in die Verwaltung ein, die zwar tüchtig administrierte, aber vor allem in der Spätzeit der Epoche die Verwaltungsmaschinerie ohne élan vital, ohne wirkliche Zukunftsperspektiven dahinwerkeln ließ? Elisabeth Amalie Eugenie auch Sisi bzw. Lisi genannt, (* 24. Dezember 1837 in München; † 10. September 1898 in Genf, ermordet) war durch Heirat ab 1854 Kaiserin von Österreich und ab 1867 Königin von Ungarn. Herkunft Elisabeth entstammt der Linie der Herzöge in Bayern und war die zweite Tochter des Herzogs Max Joseph in Bayern (1808–1888) und seiner Frau Prinzessin Ludovika Wilhelmine (1808–1892), Tochter des bayerischen Königs Maximilian I. und dessen zweiter Gemahlin Prinzessin Karoline Friederike Wilhelmine von Baden. Tauf- und Namenspatin war Elisabeths Tante, Königin Elisabeth Ludovika von Preußen (1801–1873), die wie auch Elisabeths spätere Schwiegermutter Erzherzogin Sophie eine Schwester ihrer Mutter Ludovika war. Sie wuchs mit ihren Geschwistern im Herzog-Max-Palais in der Münchner Ludwigstraße auf, wo sie auch geboren wurde. In den Sommermonaten residierte die Familie in Possenhofen am Starnberger See, wo sie eine unbeschwerte Kindheit verbrachte. Ihre Eltern hatten keinerlei Verpflichtung am königlich-bayerischen Hof. Ihre Geschwister waren: Ludwig (Louis) Wilhelm (1831–1920) ∞ (morg.) 1857 Henriette Mendel, ab 1859 Freifrau von Wallersee ∞ (morg.) 1892–1913 Antonie Barth, 1892 von Bartholf Wilhelm (1832–1833) Helene (Néné) Karoline Therese (1834–1890) ∞ 1858 Erbprinz Maximilian Anton von Thurn und Taxis Karl Theodor (Gackel) (1839–1909) ∞ 1865 Prinzessin Sophie von Sachsen ∞ 1874 Infantin Marie José von Portugal-Braganza Marie Sophie Amalie (1841–1925) ∞ 1859 König Franz II. von Neapel-Sizilien Mathilde Ludovica (Spatz) (1843–1925) ∞ Ludwig (Luigi) Graf von Trani und Prinz von Neapel-Sizilien Sophie Charlotte Auguste (1847–1897 bei einem Brandunfall) 1867 Ver- und Entlobung König Ludwig II. von Bayern ∞ 1868 Herzog Ferdinand d'Alençon-Orléans a.d.H. Bourbon Maximilian Emanuel (Mapperl) (1849–1893) ∞ 1875 Prinzessin Amalie von Sachsen-Coburg und Gotha Verlobung in Ischl Als Erzherzogin Sophie (1805-1872) es an der Zeit fand, dass ihr Sohn, Kaiser Franz Joseph von Österreich (1830-1916), heiraten sollte, begab sie sich auf die Brautsuche. Sie hatte ihn zunächst mit Prinzessin Maria Anna (1836-1918), der Nichte des preußischen Königs, dann mit der sächsischen Cousine, Prinzessin Maria Sidonie (1834-1864) verheiraten wollen, war aber im ersten Fall am Widerstand Berlins, im zweiten Fall an der ablehnenden Haltung Franz Josephs gescheitert. Daraufhin fasste Sophie eine Verbindung mit dem Haus Wittelsbach ins Auge. Sie und ihre Schwester, Herzogin Ludovika in Bayern, hatten Elisabeths älteste Schwester Helene (Néné) (1834-1890) zur Braut des jungen Monarchen bestimmt. Im Sommer 1853 sollten die beiden sich in Bad Ischl verloben. Herzogin Ludovika reiste mit ihren beiden Töchtern, Helene und Elisabeth, nach Ischl und Franz Joseph machte den beiden Müttern einen Strich durch die Rechnung. Statt in Helene verliebte er sich in die 15-jährige bayrische Prinzessin Elisabeth. Zwei Tage nach ihrer ersten Begegnung stand die Verlobung fest. Kinder und Erziehung Ein knappes Jahr nach der Hochzeit (sie war nun 17 Jahre alt), gebar die junge Kaiserin ein Mädchen, das nach Franz Josephs Mutter Sophie getauft wurde. Im nächsten Jahr schenkte sie ihrem Gatten die Tochter Gisela Louise Marie. Obwohl es Mädchen waren, die ja nicht auf ihre Aufgaben als künftiger Regent vorbereitet werden mussten, durfte Sisi die Kinder nicht in ihrer Obhut behalten. Sie habe sie zwar geboren, aber für die Erziehung sei sie zu jung, erklärte Sophie und entzog die Kinder dem Einfluss der Mutter. Wenn sie ihre Kinder sehen wollte, hatte sie ihre Schwiegermutter um Erlaubnis zu fragen. Sophie war während des Zusammentreffens Elisabeths und ihrer Töchter immer anwesend. Erst auf einer gemeinsamen Reise, weit weg vom Einfluss Sophies, erreichte Elisabeth endlich, dass sich der Kaiser für seine Frau einsetzte und sie wieder mehr mit den Kindern zusammen sein konnte. Auf einer Reise durch Ungarn kam es zu einer persönlichen Tragödie für das Kaiserpaar: Beide Mädchen erkrankten an Durchfall und Fieber. Die zehn Monate alte Gisela war bald wieder auf den Beinen, die zweijährige Sophie Friederike Dorothea Maria Josepha jedoch starb nach einem langen Todeskampf (Typhus) in den Armen ihrer Mutter. Zudem wurde Elisabeth auch noch die Schuld am Tod ihres Kindes zugeschrieben. Elisabeth brachte im Jahre 1858 den Kronprinzen Rudolf Franz Karl Joseph zur Welt. Von der Geburt erholte sie sich diesmal nur schwer und langsam. Auch dieses Kind musste sie der Schwiegermutter überlassen und durfte nie eine echte Mutter-Kind-Beziehung zu ihm aufbauen. Ihr viertes und letztes Kind brachte Elisabeth 1868 in Ofen(Ungarn) zur Welt. Das „ungarische Kind“ bekam den Namen Marie Valerie Mathilde Amalie. Die kleine Erzherzogin begleitete ihre Mutter oft auf ihren ausgedehnten Reisen, da sie das einzige Kind war, zu dem Sisi eine mütterliche Beziehung aufgebaut hatte. Um ihre beiden anderen Kinder kümmerte sie sich weiterhin wenig, auch auf deren Eheschließungen nahm sie kaum Einfluss. Die rastlose Kaiserin 1860 litt Elisabeth unter starkem Husten. Den offiziellen Vorwand für die erneute Reise der Kaiserin, die Diagnose einer Lungenkrankenheit und die Empfehlung einer Kur auf Madeira, nutzte sie zum Ausbruch aus dem Hofleben und zur ersten ihrer Auslandsreisen. Kaum jedoch in Wien zurück erlitt sie einen alarmierenden Rückfall. Die Ärzte vermuteten „Lungenschwindsucht“. Dieses Mal fuhr die Kaiserin nach Korfu im Ionischen Meer. Die Insel gefiel ihr sehr, und später, zwischen 1889 und 1891, baute sie dort ihr griechisches Traumschloss im pompejischen Stil, das Achilleion. Die „Flucht“ vor dem Wiener Hof 1860/61 war der Anfang einer Odyssee, die sie bis zu ihrem Tod fortführen sollte. Neben Europa bereiste sie Kleinasien und Nordafrika, ab 1867 besonders häufig Ungarn, ihre Lieblingsinsel Korfu und Großbritannien. Sie reiste auch nach Troja zu Schliemanns Ausgrabungen. Als Elisabeth nach fast zweijähriger Abwesenheit an den Wiener Hof zurückkehrte, war eine tiefgreifende Verwandlung vor sich gegangen: Aus der schüchternen, blassen jungen Frau war eine selbstbewusste Monarchin geworden, die ihre Anmut durch Haltung in Szene setzte und Forderungen stellte. In dieser Zeit entstanden die berühmten Portraits von Franz Xaver Winterhalter. Das bekannteste ist zweifellos das Gemälde aus dem Jahr 1865, das Elisabeth in Hofgala mit Diamantsternen im Haar zeigt. Franz Joseph hatte sich längst an die Abwesenheit seiner Frau gewöhnt. Um seine Einsamkeit zu lindern, arrangierte die diplomatische Kaiserin 1885 die Bekanntschaft der Schauspielerin Katharina Schratt (1853-1940) für ihren Mann. Sie wurde fortan Ansprechpartnerin und Vertrauensperson des Kaisers. Diese seltsame Freundschaft wurde durch die Kaiserin vor jedem Skandal bewahrt und ausdrücklich gefördert. Kaiser Franz Joseph genoss jeden seltenen Besuch Elisabeths bei Hof und blieb ihr zeitlebens mit großzügiger Nachsicht ergeben. Während sie durch halb Europa reiste, entstand zwischen dem Kaiserpaar ein umfangreicher Briefwechsel, der teilweise erhalten ist. Seitens des Kaisers wird vor allem seine Sorge um Gesundheit und Sicherheit Elisabeths deutlich. Königin von Ungarn Zu den wenigen politischen Aktivitäten der Kaiserin gehörte der Ausgleich mit Ungarn, den sie Anfang 1867 gegen den Willen ihrer Schwiegermutter und großen Teilen des Hofes energisch durchzusetzen wusste. Ungarn erhielt seine alte Verfassung zurück und am 8. Juni 1867 wurden Kaiser Franz Joseph und Kaiserin Elisabeth in der Matthiaskirche in Budapest zu König und Königin von Ungarn gekrönt. Das dem Königspaar anlässlich der Krönung vom ungarischen Volk geschenkte Schloss Gödöllö wurde in den folgenden Jahren ein beliebter Zufluchtsort der Kaiserin. Elisabeth lernte Ungarisch und wählte ungarische Hofdamen aus - u. a. Marie Festetics -, die am Wiener Hof wegen ihrer Herkunft abgelehnt wurden und isoliert blieben. Reitsport Elisabeth war von Jugend an eine ausgezeichnete und waghalsige Reiterin, die sämtliche Disziplinen vorbildlich im Damensattel beherrschte. In Wien unternahm sie regelmäßig Dressurübungen in der Hofreitschule, in Ungarn folgten ausgedehnte schnelle Geländeritte und seit 1876 bereiste sie mehrmals England mit umfangreichem Gefolge und einer Auswahl ihrer besten Jagdpferde, um in Gesellschaft des damals berühmten Parforcereiters Bay Middleton an den englischen Fuchsjagden teilzunehmen. Ab 1882 brach ihre Jagdleidenschaft plötzlich ab, Ärzte stellten bei der 44-jährigen Kaiserin Rheumatismus fest. Nach ihrer Karriere als Reiterin galt ihre Leidenschaft dem Fechtsport, dem Spaziergehen (das in "Gewaltmärsche" ausartete (bis zu 7 Stunden!)) und ausgiebigen gymnastischen Übungen. Elisabeths Gedichte Gedichte spielten eine sehr wichtige Rolle in Elisabeths Leben. Sie verfasste ein poetisches Tagebuch und in schlechten Zeiten drückte sie ihre Gefühle in Gedichten aus. Dies empfahlen ihr die rumänische Königin, Prinzessin Elisabeth Pauline Ottilie Luise zu Wied (1843-1916) und ihre Lieblingstochter Valerie. Zur rumänischen Königin, die selbst unter einem Pseudonym „Carmen Sylva“ dichtete, hielt die Kaiserin eine freundschaftliche Beziehung. Sie erklärte Elisabeth, Gedichte zu schreiben sei ein guter Blitzableiter. Elisabeth verehrte den zu dieser Zeit bereits verstorbenen Dichter Heinrich Heine (1797-1856) und orientierte sich an seiner Art, Gedichte zu schreiben. Die Verehrung ging über die übliche Liebe eines Literaturfreundes weit hinaus. Sie kannte lange Passagen von Heine auswendig und beschäftigte sich auch intensiv mit dem Leben des Dichters. Sie fühlte sich als seine Jüngerin und glaubte, der Meister diktiere ihr die Verse in die Feder. Einmal erzählte sie sogar ihrer Tochter Marie-Valerie, Heine wäre ihr im Traum erschienen. Aber sie verehrte auch die Ilias von Homer, was auch ihre Leidenschaft für das antike Griechenland und Achill erklärt. Im Park ihres Schlosses „Achilleion“ auf Korfu ließ sie 1891 ein Heine-Denkmal von Louis Hasselriis errichten. Das Dichten wurde für Elisabeth mit der Zeit zur Therapie. Der Schönheitskult der Kaiserin Männer und Frauen ihrer Zeit schwärmten von der märchenhaften Schönheit Elisabeths, waren aber noch mehr angezogen von ihrer Anmut, Ausstrahlung und der geheimnisvollen Aura, die die Kaiserin umgab. Elisabeth gilt als eine der schönsten Frauen ihrer Zeit und war sich dessen durchaus bewusst. Ihre Schönheitspflege nahm einen Großteil ihres Tagesablaufes ein. Besonders stolz war Elisabeth auf ihr dichtes Haar. Ihrer Zeit voraus verfolgte sie einen regelrechten Körperkult, trieb viel Sport und achtete sehr auf ihre Figur. Durch strenge Diäten und enge Korsetts brachte sie ihre Wespentaille (50 cm) in Form und wurde zu einer modischen Ikone. Im Laufe der Jahre wuchs ihre Selbstsicherheit und sie wurde zunehmend als Schönheit wahrgenommen. Elisabeth pflegte eine Selbststilisierung, die in der Literatur als Schönheitskult beschrieben wird. Haarkult Die Meisterin, die das kaiserliche Haar betreute, hieß Fanny (Franziska) Angerer (verh. Feifalik, später Hofrätin) und war Friseurin am Wiener Burgtheater. Dort waren der Kaiserin die phantasievollen Frisuren der Schauspielerinnen aufgefallen, und sie hatte die Friseurin dem Theater kurzerhand abgeworben. Fanny Angerer war auch die Schöpferin der „Kronenfrisur“, die in der Familie der Kaiserin unter ihren Schwestern und an anderen europäischen Höfen zahlreich kopiert wurde. In späteren Jahren ließ die Kaiserin sich die Haare vermutlich mit Indigo und einem Extrakt aus Nussschalen tönen. Diät-Wahn Für das Essen verschwendete Kaiserin Elisabeth dagegen weniger Zeit. Orangendiät, Eidiät, Milchdiät, gesalzenes rohes Eiweiß, den Saft von Rindfleisch, welches abgekocht und gewürzt wurde, statt eines Mittagessens, und hin und wieder ein kandiertes Veilchen – nichts blieb unversucht, um kein Gramm zuviel auf die Waage zu bringen. Ihr Gewicht wurde dreimal täglich kontrolliert und in einer Liste eingetragen. Bei einer Körpergröße von 172 cm durfte es 50 Kilogramm nicht überschreiten. Auch der Umfang von Taille, Schenkeln und Waden wurde genau gemessen. Mit fortschreitendem Alter sprach es sich herum, dass auch eine kaiserliche Haut solchen Schönheitskult übelnahm. Die berühmte Schönheit der Kaiserin schwand und infolge der übertriebenen Fastenkuren traten Hungerödeme bei ihr auf. Um ihr entstelltes Gesicht zu verbergen und möglichst unerkannt zu bleiben, führte sie stets einen Lederfächer und einen Schirm mit sich. Allerdings waren auch Elisabeths Schwestern groß und eher schlank. Sie musste also nicht hungern, um ihre gute Figur zu behalten. In diesem Fall weisen aber die Art der Diäten und der übertriebene Einsatz von Sport auf eine Anorexia nervosa hin. Turnübungen Um ihre von Natur aus schlanke und hochgewachsene Figur zu erhalten und wegen ihrer inneren Unruhe unternahm sie täglich kilometerlange Gewaltmärsche im Eiltempo, bei denen ihre Hofdamen regelmäßig kaum mithalten konnten. Außerdem gab es in jedem ihrer Domizile Turnzimmer mit verschiedenen Geräten, mit Ringen, Reck und Hantel. Schicksalsschläge Die von vielen beneidete Kaiserin von Österreich konnte den Schicksalsschlägen nicht entgehen, die ihr Leben begleiteten: 1857 starb ihre Tochter Sophie (1855-1857) im Alter von nur zwei Jahren an Typhus. Ihre Schwester, Königin Marie von Neapel-Sizilien (1841-1925), verliebte sich in einen Offizier der päpstlichen Garde, Armand de Lavayss und wurde von ihm schwanger. Um einen Skandal zu vermeiden, reiste Marie in ein Augsburger Ursulinenkloster und brachte dort 1862 ihre Tochter zur Welt, die an die Familie des Vaters übergeben wurde. Auf Veranlassung des französischen Kaisers Napoléon III. (1808-1873), wurde ihr Schwager, Erzherzog Maximilian von Österreich (1832-1867), 1864 gegen den Widerstand des mexikanischen Volkes zum Kaiser von Mexiko ausgerufen. 1867 wurde er entmachtet, von einem Kriegsgericht abgeurteilt und am 19. Juni 1867 von antimonarchischen Aufständischen in Santiago de Querétaro standrechtlich erschossen. Dessen Frau, und somit ihre Schwägerin, Prinzessin Charlotte von Belgien (1840-1927) verfiel in Wahnsinn. Sie verbrachte den Rest ihres Lebens sehr zurückgezogen. Zuerst auf Schloss Miramare und dann auf Château de Bouchout in Meise, Belgien. Man sagt, sie habe bis zu ihrem Tod geglaubt, sie sei amtierende Kaiserin von Mexiko. Ihr Seelenfreund König Ludwig II. von Bayern (1845-1886), der Sohn ihres Cousins Maximilian II., wurde 1886 ebenfalls für geisteskrank erklärt und gefangengesetzt. Wenig später ertrank er unter bis heute ungeklärten Umständen im Starnberger See. Ihr Sohn Kronprinz Rudolf (1858-1889) litt unter starken Stimmungsschwankungen und war schwer erkrankt an Syphilis. Am 30. Januar 1889 nahm er sich in Schloss Mayerling durch einen Schuss in den Kopf das Leben. Zuvor erschoss er die siebzehnjährige Baronesse Marie (Mary) Vetsera. Die Todesanzeige am Tag darauf sprach offiziell von einem Herzschlag. Seit dem Tod ihres Sohnes trug die Kaiserin nun mehr schwarze Trauerkleidung. Sie quälte sich mit dem Gedanken, sie hätte die Tragödie von Mayerling irgendwie abwenden können. Elisabeth gab sich auch verstärkt spiritistischen Neigungen hin und meinte, in Kontakt zu stehen u.a. mit Achilles, Heinrich Heine und ihrem verstorbenen Verwandten Ludwig II.. Ihre Schwester, Herzogin Sophie Charlotte von Alencon (1847-1897), kam durch ein Feuer bei einem Pariser Wohltätigskeitsbasar ums Leben. Sophie hatte zuvor versucht Menschen das Leben zu retten, ist aber selbst umgekommen. Tod in Genf Elisabeth kam am 9. September 1898 in Genf an, wo sie einer Einladung der Familie Rothschild nachkam. Als sie am nächsten Tag auf dem Weg vom Hotel zum Schiff war, mit dem sie nach Caux weiterreisen wollte, stürzte der italienische Anarchist Luigi Lucheni sich auf sie und stieß ihr eine von ihm selbst zugespitzte Feile ins Herz. Der Einstich war so klein, dass er zunächst nicht bemerkt und für einen Faustschlag gehalten wurde. Die Kaiserin erhob sich wieder und ging an Bord des Schiffes. Erst dort brach sie zusammen und starb bald darauf im Hotel, in das sie zurückgebracht worden war. Lucheni wollte nach eigener Aussage im Verhör ursprünglich den Prinzen Henri Philippe d’Orléans ermorden. Da dieser aber kurzfristig seine Reisepläne änderte und nicht in Genf eintraf, wählte Lucheni Elisabeth zum Opfer, von deren Anwesenheit er zufällig in der Zeitung gelesen hatte, in der sie unter dem Titel Gräfin von Hohenembs als Gast aufgeführt war. Am 17. September fand die Beisetzung in der Wiener Kapuzinergruft statt. Elisabeths Sarkophag ruht heute neben denen von Franz Joseph und Rudolf. Elisabeth - Mythos und Wahrheit Filme In den frühen Filmen der 1920er und 1930er Jahre spielte Elisabeth meist die „Nebenrolle“ als Frau von Kaiser Franz Joseph oder als Mutter von Kronprinz Rudolf. Erst mit Hubert und Ernst Marischkas Singspiel Sissy von 1932 wurde das Leben der Kaiserin in den Mittelpunkt der Erzählung gestellt. Die erste Sissy dieser Art war Paula Wessely. Die erste filmische Adaption des Singspiels übernahm Josef von Sternberg, der Regie bei dem Streifen The King Steps Out von 1936 führte. Die damals sehr populäre Opernsängerin Grace Moore spielte die Hauptrolle der Cissy. Der Streifen war leidlich erfolgreich, blieb jedoch bis zur legendären Trilogie aus den 1950er eher die Ausnahme in seiner Darstellung der jungen, lebenslustigen Kaiserin. Jean Cocteau nahm sich der dunklen Seiten ihres Charakters in seinem Stück L'Aigle aux deux Têtes (dt. Der Doppeladler) an. Als Ende der 1940er Pläne zur Verfilmung anstanden, war Greta Garbo für die Hauptrolle vorgesehen. Die Produktion war schon relativ weit fortgeschritten, als am Ende das Geld ausging. Im deutschsprachigen Raum ist das Bild der Kaiserin Elisabeth geprägt durch die Filme der Sissi-Trilogie mit Romy Schneider in der Hauptrolle. Ein Zusammenschnitt aller drei Filme wurde unter dem Titel Forever My Love 1962 in den englischsprachigen Verleih gebracht. Die Resonanz war insgesamt verhalten. 1972 trat Romy Schneider noch einmal als Kaiserin Elisabeth im Film auf: Luchino Visconti zeigte in seinem Film Ludwig II. eine kapriziöse, distanzierte Elisabeth, die mit der „Sissi“ aus den 1950er Jahren nichts mehr gemein hatte. Als einzige kongeniale Freundin des Märchenkönigs Ludwig II. wurde Elisabeth 1955 durch die Schauspielerin Ruth Leuwerik in Helmut Käutners Monumentalfilm Ludwig II. – Glanz und Ende eines Königs dargestellt. Ebenfalls im Jahr 1955 war in einer Nebenrolle des Films Königswalzer in Gestalt von Linda Geiser eine noch unverheiratete Sisi zu sehen. Etwas am Rande trat Elisabeth in mehreren Filmen auf, die das Schicksal ihres Sohnes Kronprinz Rudolf in den Mittelpunkt stellten. In dem Film Mayerling von 1936 wurde sie von Gabrielle Dorziat verkörpert, in dem gleichnamigen Film von 1968 von Ava Gardner. In Kronprinz Rudolfs letzte Liebe von 1956 spielte Lil Dagover die vergrämte Kaiserin, in der gleichnamigen Fernsehproduktion (auch Kronprinz Rudolf) von 2006 Sandra Ceccarelli. Eine etwas ungewohnte Sisi zeigte 1991 die Filmsatire Sisi und der Kaiserkuß, wo Vanessa Wagner ihre Rolle übernahm. Musical Seit 1992 wird das Musical Elisabeth in Wien und anderen europäischen Städten aufgeführt. Sisi-Museum in Wien In der Wiener Hofburg wurde direkt neben den Kaiser-Appartements ein eigenes Sisi-Museum eingerichtet, das sich vor allem dem privaten Leben der Elisabeth widmet. Den Mittelpunkt der Ausstellung soll die private Frau zeigen - Kaiserin Elisabeth als Mutter, als Dichterin und als Reisende. Gisela Louise Marie Erzherzogin von Österreich, Prinzessin von Bayern, (* 12. Juli 1856 in Laxenburg, Österreich, † 27. Juli 1932 in München), war eine Tochter von Kaiser Franz Joseph I. und Kaiserin Elisabeth. Leben Gisela wurde eigentlich Gisella getauft, schrieb ihren Namen selbst aber immer nur mit einem L. Sie war die zweite Tochter von Kaiser Franz Joseph I. von Österreich, König von Ungarn, und Elisabeth, Kaiserin von Österreich und Königin von Ungarn. Zu ihrer Mutter hatte Gisela nie ein inniges Verhältnis. Sie wurde von der Großmutter väterlicherseits, Erzherzogin Sophie, erzogen. Hingegen hatte Gisela eine sehr enge Beziehung zu ihrem jüngeren Bruder, dem Kronprinzen Rudolf; selbst nach ihrer Hochzeit und der Umsiedelung nach Bayern blieben die Geschwister in Kontakt. Rudolfs Selbstmord hatte sie zeitlebens nie überwinden können. Sie heiratete am 20. April 1873 in Wien mit 16 Jahren Leopold Prinz von Bayern, Sohn von Prinzregent Luitpold von Bayern und Auguste Ferdinande von Österreich, ihren Cousin 2. Grades, und bekam mit ihm vier Kinder. In Bayern wurde Gisela von Leopolds Familie herzlich aufgenommen. Ihr Vater Franz Joseph war gern gesehener Gast im Leopoldinischen Palais. Auch ihre jüngere Schwester Marie Valerie war oft zu Besuch. Kaiserin Elisabeth ließ sich nur zur Taufe der ersten Tochter Giselas blicken, bei der sie die Patin und Namensgeberin war. Ihr Leben war von sozialem und kirchlichem Engagement bestimmt. So richtete sie zum Beispiel während des Ersten Weltkriegs ein Lazarett in ihrem Münchner Palais ein. Nach ihr wurde eine österreichische Eisenbahnstrecke benannt: die Giselabahn von Salzburg Hauptbahnhof nach Wörgl Hauptbahnhof über Bischofshofen, Zell am See und Kitzbühel. Die Giselabahn (auch Salzburg-Tiroler-Bahn genannt) bildet ein Teilstück der Kaiserin-Elisabeth-Bahn (benannt nach Giselas Mutter) von Wien über Linz und Wels nach Passau und auch über Wels, Salzburg und Zell am See nach Wörgl, die ihrerseits wieder ein Teilstück der österreichischen Westbahn (Wien - Lindau) bildet. Der Raddampfer Gisela aus dem Jahr 1871, der auch heute noch auf dem Traunsee fährt, ist ebenfalls nach der Kaisertochter benannt. Am 20. April 1923 feierten Gisela und Leopold ihre goldene Hochzeit. Nach 57 Jahren Ehe starb Leopold am 28. September 1930. 1932 starb Gisela als letztes der kaiserlichen Geschwister mit 76 Jahren. Sie wurde in der Kirche St. Michael in München beigesetzt. Nachkommen Elisabeth Marie Auguste von Bayern (1874-1957) Auguste Maria Luise von Bayern (1875-1964) Georg Franz Josef von Bayern (1880-1943) Konrad Luitpold Franz von Bayern (1883-1969) Erzherzogin Marie Valerie Mathilde Amalie von Österreich (* 22. April 1868 in Ofen, Ungarn; † 6. September 1924 in Wallsee), ab April 1919 Marie Valerie Habsburg-Lothringen, war die jüngste Tochter des österreichisch-ungarischen Herrscherpaars Franz Joseph I. und Elisabeth. Leben Marie Valerie wurde als viertes Kind des Kaiserpaars geboren, nachdem Elisabeth sich ein weiteres Kind gewünscht hatte, um mit der Schwangerschaft und der Geburt Ungarn ein Geschenk zu machen. Seit einigen Jahrhunderten war kein königliches Kind mehr in Ungarn geboren worden. Ein Knabe hätte nach dem ersten ungarischen König und Nationalheiligen den Namen Stephan erhalten. Marie Valerie verblieb, anders als ihre Geschwister, in der Obhut der Kaiserin und entwickelte sich zur Lieblingstochter ihrer Mutter, die Marie Valerie oft „die Einzige“ nannte. Zusammen mit ihrer Cousine Marie Louise von Larisch-Wallersee verbrachte sie viel Zeit in Ungarn, was ihr in der österreichischen Bevölkerung die Beinamen „das ungarische Kind“ einbrachte. Dies wurde prägend, und entgegen den Absichten ihrer Mutter begann sie später, alles Ungarische abzulehnen und sich mit ihrem Vater auf Deutsch zu unterhalten. Außer Ungarisch und Deutsch sprach sie Französisch, Englisch und Italienisch und liebte Musik und Kunst. Am 4. Juni 1882 wurde Marie Valerie in der Schlosskapelle Schönbrunn im Beisein ihrer Familie gefirmt.[2] Auf einem Ball lernte sie 1886 Erzherzog Franz Salvator von Österreich-Toskana (1866–1939), Sohn von Karl Salvator von Österreich-Toskana (1839–1892), einen Cousin 3. Grades kennen, in den sie sich verliebte. Zu Weihnachten 1888 verlobten sich die beiden, am 31. Juli 1890 (im Jahr nach dem Selbstmord ihres Bruders Kronprinz Rudolf) heirateten sie in Ischl. Anlässlich der Hochzeit wurde die Muttergotteskirche in der Wiener Jacquingasse gestiftet, die heute noch als Pfarrkirche besteht. Danach zog das Paar nach Wels auf Schloss Lichtenegg. 1892 wurde die erste Tochter Elisabeth Franziska, genannt Ella, geboren. Erzieherin der Kinder war unter anderem Elsa Köhler. Die Ehe mit Franz Salvator, die anfangs harmonisch war, wurde mit der Zeit schlechter. Franz Salvator ließ sich mit anderen Frauen ein, so auch mit Prinzessin Stéphanie zu Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst. Mit ihr hatte er einen Sohn, den er noch zu Marie Valeries Lebzeiten anerkannte. Am 11. Juni 1895 kauften Marie Valerie und Franz Salvator das Schloss Wallsee vom damaligen Besitzer Herzog Alfred von Sachsen-Coburg und Gotha und ließen es vollständig renovieren. Nach Fertigstellung hielt das Paar am 4. September 1897 festlichen Einzug in das Schloss an der Donau. In Wallsee herrschte darüber großer Jubel, ging doch der Kaisertochter der Ruf großer Mildtätigkeit und Herzensgüte voraus. So wurde sie auch dort als Engel von Wallsee bezeichnet. Nach der Ermordung ihrer Mutter Elisabeth erbte sie 2/5 des Gesamtvermögens von 10 Millionen Gulden und die Hermesvilla, wobei Elisabeth testamentarisch ihrem Gatten Franz Joseph, der 1916 verstarb, ein lebenslanges Wohnrecht eingeräumt hatte. 1900 übernahm Marie Valerie Verpflichtungen für das Rote Kreuz, ließ Lazarette errichten und sorgte für Zuwendungen. Anders als ihre Mutter hielt sich Marie Valerie gerne in der Hermesvilla auf und bewohnte das Gebäude mit ihrer Familie von 1903 bis 1906. Im Jahr 1911 verkaufte sie die Hermesvilla an das Hofärar, das schon seit 1890 ein Vorkaufsrecht hatte. Nachdem dem Untergang der Monarchie im Jahr 1918 änderte sich mit dem von der Republik Deutschösterreich erlassenen Adelsaufhebungsgesetz vom 3. April 1919 ihr Name auf Marie Valerie Habsburg-Lothringen. Auf Grund des „Gesetzes vom 3. April 1919 betreffend die Landesverweisung und die Übernahme des Vermögens des Hauses Habsburg-Lothringen“ (kurz: Habsburgergesetz) gab sie im Jahr 1920 gemäß § 2 ihre Erklärung ab „auf ihre Mitgliedschaft zu diesem Hause und auf alle aus ihr gefolgerten Herrschaftsansprüche ausdrücklich [zu verzichten] und sich als getreue Staatsbürger der Republik [zu bekennen]“. Dies hatte für sie nicht nur zur Folge, dass sie als österreichische Staatsbürgerin in Österreich bleiben durfte, sondern dass sie und ihre Nachkommen auch ihr habsburgisches Privatvermögen und damit das Schloss Wallsee behalten konnten. 1924 wurde bei Marie Valerie Habsburg Lymphdrüsenkrebs festgestellt. Die Ärzte konnten ihr nicht mehr helfen, und am 6. September 1924 starb sie im Kreise ihrer Familie. Sie wurde in der Habsburgergruft an der Ostseite der Pfarrkirche Sindelburg außerhalb der Chormauer beigesetzt. Die 1895 errichtete und nach der Zerstörung 1944 im Jahr 2001 wiedereröffnete Maria-Valeria-Brücke über die Donau zwischen Esztergom und Štúrovo wurde nach der Erzherzogin benannt. In Klagenfurt gab es ein „Marie-Valerie-Siechenheim“ (heute eine Handelsakademie); ob die Benennung nach ihr erfolgte, ist nicht bekannt. Auch in Baden wurde sie als Wohltäterin der Stadt mit der Benennung der Valeriegasse gewürdigt. Nachkommen Elisabeth Gräfin von Waldburg zu Zeil und Hohenems (1892–1930), Ehefrau von Georg Graf von Waldburg zu Zeil und Hohenems Franz Karl Salvator von Österreich (1893–1918) Hubert Salvator Habsburg-Lothringen (1894–1971), Ehemann von Rosemary, geb. Prinzessin zu Salm-Salm Hedwig, verh. Gräfin von Stolberg-Stolberg (1896–1970), Ehefrau von Bernhard Graf von Stolberg-Stolberg Theodor Salvator Habsburg-Lothringen (1899–1978), Ehemann von Maria Theresa, geb. von Waldburg-Zeil-Trauchburg. Besitzer des Schlosses in Wallsee, das noch im Besitz seiner Nachkommen ist. Gertrud Gräfin von Waldburg zu Zeil und Hohenems (1900–1962), zweite Ehefrau von von Waldburg zu Zeil und Hohenems nach dem Tod ihrer Schwester Elisabeth Maria Habsburg-Lothringen, geb. von Österreich (1901–1936) Clemens Salvator von Österreich-Toskana, ab 1930 gemeinsamer Familienname Altenburg (1904–1974), Ehemann von Elisabeth, geb. Rességuier de Miremont Mathilde Maria Antonia Ignatia Hefel, geb. von Österreich (1906–1991), Ehefrau von Ernst Hefel Stephanie Clotilde Louise Hermine Marie Charlotte von Belgien (* 21. Mai 1864 in Laeken bei Brüssel; † 23. August 1945 in Pannonhalma, Ungarn) war Prinzessin von Belgien und als Ehefrau von Kronprinz Rudolf Kronprinzessin von Österreich-Ungarn. Sie war in der Doppelmonarchie (1867–1918) die einzige Trägerin dieses Titels, da die Thronanwärter nach Rudolfs Tod keine Kronprinzen (Söhne des regierenden Monarchen) mehr waren und der spätere Kronprinz Otto (Sohn Karls I.) bis zum Ende der Monarchie unverheiratet blieb. Jugend Prinzessin Stephanie wurde als zweite Tochter von König Leopold II. von Belgien und seiner Ehefrau Marie Henriette von Österreich geboren. Ihre Geschwister waren Louise (1858–1924), Clementine (1872–1955) und der schon als Kind verstorbene Kronprinz Leopold (1859–1869). Stephanie hatte wie ihre Geschwister keine liebevolle Kindheit. Die Mutter zeigte den Kindern ihres ungeliebten Mannes wenig Zuneigung und auch der Vater hatte kaum Interesse an ihnen. Die Mutter erzog die drei Töchter mit drakonischer Strenge, wozu auch eigenhändige Züchtigungen mit der Rute gehörten. Verheiratung Stephanies Verheiratung wurde von den Höfen in Wien und Brüssel geplant. Für den Wiener Kaiserhof kam als zukünftige Gattin Rudolfs nur eine katholische Prinzessin in Frage, die nicht älter als 20 Jahre sein sollte. Dass der für seine zahlreichen Affären mit attraktiven Frauen bekannte Kronprinz sich aus dynastischen Erwägungen bereit fand, die eher hausbackene Stephanie zu heiraten, der es an Charme, Witz und Konversationstalent mangelte, stieß in seinem Umfeld auf Verwunderung. Kronprinzessin Die 16-jährige Stephanie und Rudolf heirateten am 10. Mai 1881 in Wien. Die Ehe der beiden galt in den ersten Jahren als glücklich. Die unerfahrene und unaufgeklärte Stephanie erkannte, dass ihr Mann durchaus liebenswürdig war. Nach der Hochzeit verbrachte das junge Paar zunächst einige Zeit auf Reisen und lebte dann in Prag. In dieser Zeit widmete sich Rudolf voller Elan seinen wissenschaftlichen Forschungen und die beiden führten ein ruhiges Leben. Die Geburt der Tochter Elisabeth Marie, genannt Erzsi (die Koseform von Elisabeth auf Ungarisch, Erzsébet) im Jahr 1883 war für Rudolf eine große Enttäuschung. Die Geburt eines Thronfolgers hätte dazu beitragen können, das konfliktbehaftete Verhältnis zu seinem konservativen Vater, Kaiser Franz Joseph I., zu verbessern. Der erhoffte Thronfolger blieb weiterhin aus, was vermutlich darauf zurückzuführen ist, dass Rudolf sich bei einer seiner Liebschaften mit einer Geschlechtskrankheit infizierte und seine Frau ansteckte, so dass sie unfruchtbar wurde. Schließlich zerbrach die Ehe, da die beiden sich mehr und mehr auseinandergelebt hatten. Stephanie ließ ihrem Mann gegenüber erkennen, dass sie seine Freunde, allen voran den Zeitungsverleger Moritz Szeps, nicht ausstehen konnte. Ihrer Meinung nach vergiftete dieser ihren Mann mit seinen liberalen Ideen. Im Gegenzug verstand Rudolf die erzkonservative, dünkelhafte Einstellung seiner Gattin nicht, die er für völlig unzeitgemäß hielt. Am Wiener Hof war Stephanie nie beliebt. Sie trug dort den Spitznamen „kühle Blonde“. Ihre Schwiegermutter, Kaiserin Elisabeth, nannte sie „Trampeltier“, da sie nicht so grazil war wie die Kaiserin selbst. Als sie im Frühsommer 1887 mit ihrem Mann das Kronland Galizien bereiste, lernte die jetzt 23-jährige Kronprinzessin den 14 Jahre älteren, seit sieben Jahren verwitweten Grafen Artur Potocki (1850–1890) kennen, galizischer Landtagsabgeordneter und ab 1889 Mitglied des österreichischen Herrenhauses. Sie verliebte sich in den Vater zweier Töchter, versuchte aber, die Beziehung unter allen Umständen geheim zu halten. Allerdings sagte sie die Reise zur Feier des Goldenen Thronjubiläums von Königin Victoria von Großbritannien ab und ließ Rudolf allein reisen. Nur ihre in Wien lebende Schwester Louise, verheiratet mit Prinz Philipp von Sachsen-Coburg und Gotha, war in die Beziehung eingeweiht und organisierte intime Zusammenkünfte des Liebespaares. Dennoch wurde in Wien schon bald gemunkelt, die Kronprinzessin treffe sich heimlich mit einem polnischen Adeligen. Rudolfs Suizid am 30. Januar 1889 in Mayerling machte Stephanie im Alter von 25 Jahren zur Witwe. Der Kronprinz schrieb in seinem Abschiedsbrief an Stephanie: Liebe Stephanie! Du bist von meiner Gegenwart und Plage befreit; werde glücklich auf Deine Art. Sei gut für die arme Kleine, die das einzige ist, was von mir übrig bleibt. Seine und Stephanies Tochter Elisabeth Marie wurde von ihrem Großvater, Kaiser Franz Joseph, in Obhut genommen. Witwe Stephanies Beziehung zu Potocki ging weiter, jedoch stellte sich heraus, dass er unheilbar an Zungenkrebs erkrankt war. Nach seiner zweiten Zungenoperation erholte er sich in der Kuranstalt Eder in Döbling am Rand von Wien. Das letzte Treffen der beiden fand im Jänner 1890 statt, doch konnte Potocki kaum mehr sprechen. Er starb am 26. März 1890. Um dem Wiener Hof zu entkommen, der ihr eine Mitschuld an Rudolfs Suizid gab, begann die Kronprinzessin-Witwe wie ihre Schwiegermutter, Kaiserin Elisabeth, rastlos umherzureisen. Sie verbrachte viel Zeit mit ihren Schwestern Louise und Clementine und vermied es nach Möglichkeit, sich in Wien aufzuhalten. Am Hof hatte sie nach Rudolfs Tod kaum noch Repräsentationspflichten zu erfüllen. Später versuchten ihr Vater und Franz Joseph vergeblich, Stephanie mit dem österreichisch-ungarischen Thronfolger Franz Ferdinand zu verheiraten; Franz Joseph wollte damit die nicht standesgemäße Verbindung des Thronfolgers mit Gräfin Sophie Chotek von Chotkowa verhindern. Die zweite Ehe Nachdem Stephanie fast zehn Jahre um Potocki getrauert hatte, verliebte sie sich in den ungarischen Grafen Elemér Lónyay von Nagy-Lónya und Vásáros-Namény. Um ihn heiraten zu können, verzichtete sie auf den Titel einer Kronprinzessin-Witwe und schied im Einvernehmen mit dem Kaiser aus dem Kaiserhaus aus. Dass Stephanie aus der Dynastie nicht im Groll ausschied, zeigte Franz Joseph, indem er die Braut bei der Abreise aus Wien zum Zug begleitete. Mit dem Tag ihrer erneuten Verheiratung wurde der Hofstaat der Kronprinzessin-Witwe aufgelöst und gleichzeitig ein Hofstaat für ihre Tochter Elisabeth Marie errichtet. Die 36-jährige Stephanie heiratete Lónyay nach elf Jahren Witwenschaft am 22. März 1900 auf Schloss Miramar bei Triest, wo ihre Tante Charlotte von Belgien mit ihrem Gatten, Erzherzog Maximilian von Österreich gelebt hatte, bevor Maximilian den Kaiserthron von Mexiko bestieg. Stephanie hatte Miramar, das der Disposition des Monarchen unterstand, 1882 mit Franz Joseph, Elisabeth und Rudolf offiziell besucht und 1885 einige Tage dort verbracht. Die für ein ehemaliges Mitglied des belgischen Königshauses und österreichischen Kaiserhauses nicht standesgemäße zweite Heirat führte zum endgültigen Bruch Stephanies mit ihrem Vater, dem belgischen König. Doch wurde diese Ehe Stephanies glücklichster Lebensabschnitt, den sie nie bereute. 1917 wurden Graf und Gräfin Lónyay vom letzten österreichischen Kaiser, Karl I., in den Fürstenstand erhoben. Das Paar lebte bis 1906 in der Villa Zichy in Kalksburg südlich von Wien, im heutigen 23. Wiener Gemeindebezirk Liesing, dann auf Schloss Karlburg (ungarisch: Oroszvár, slowakisch: Rusovce), einem herrschaftlichen Besitz in der Nähe von Bratislava in den Auen am südlichen Donauufer (damals zu Ungarn gehörend, heute Außenbezirk der slowakischen Hauptstadt). Die zweistöckige Schlossanlage mit mehr als 200 Zimmern wurde mit allem Komfort ausgestattet; die Lónyays ließen umfangreiche Umbauarbeiten durchführen (unter anderem neue Bäder), und zur Verbesserung der Wasserversorgung wurde im Park ein neuer Wasserturm errichtet. Die naturliebende Stephanie kümmerte sich um die ausgedehnten Garten- und Parkanlagen mit mehr als 30 Glashäusern. Geschäftssinn bewies Stephanie durch die Gründung der gewinnbringenden Gärtnerei und Baumschule „Stephaneum“. Viermal im Jahr erschien ein jeweils etwa 100 Seiten umfassender Katalog. Zu den häufig stattfindenden Jagden wurden Mitglieder des Hochadels geladen. Franz Ferdinand und seine Frau Sophie Herzogin von Hohenberg waren gern gesehene Gäste auf dem Lónyayschen Besitz, da auch diese beiden nicht standesgemäß verheiratet waren. Stephanie hielt auch mit Franz Joseph I. weiterhin Kontakt: Pressemeldungen zufolge besuchte sie ihn am 8. September 1914 zu einer längeren Privataudienz in Schloss Schönbrunn.[7] Auf der Schleife ihres Kranzes für den verstorbenen Kaiser standen 1916 die Worte „Von Deiner ewig dankbaren – Dich treu liebenden Stephanie.“ Familienzwist Als ihre Mutter 1902 in Spa starb, reiste Stephanie zur Beerdigung nach Brüssel. Doch als sie am Sarg Abschied nehmen wollte, wies ihr Vater sie aus der Kapelle. Das Erbe ihrer Mutter betrug nur 50.000 Francs, was vor allem die Gläubiger von Stephanies hoch verschuldeter Schwester Louise nicht glauben konnten, hatte der König doch Milliarden im Belgischen Kongo (anfangs sein Privatbesitz) verdient. Stephanie zog mit den Gläubigern Louises gegen ihren Vater vor Gericht, verlor jedoch den Prozess. Mit ihrer Tochter, Erzherzogin Elisabeth Marie, hatte Stephanie nach ihrer erneuten Eheschließung fast keinen Kontakt mehr. Ihr Verhältnis zur Tochter war dadurch getrübt, dass Elisabeth Marie ihrer Mutter eine Mitschuld an der „Tragödie von Mayerling“ gab. Späte Jahre 1935 veröffentlichte Stephanie unter dem Titel Ich sollte Kaiserin werden ihre Memoiren. Dies führte in Österreich zu einem Skandal (ihre Tochter ließ die Verbreitung des Buches in Österreich gerichtlich verbieten), das Buch verkaufte sich dennoch sehr gut und wurde in mehrere Sprachen übersetzt. Während des Zweiten Weltkriegs quartierte sich im Herbst 1944 ein Waffen-SS-Kommando unter der Führung von SS-Brigadeführer Edmund Veesenmayer im Schloss Karlburg ein. Im März 1945 versuchten die abziehenden deutschen Truppen das Fürstenpaar zum Mitkommen zu überreden. Die Lónyays lehnten ab. In den letzten Monaten ihres Lebens verschlechterte sich Stephanies Gesundheitszustand. Sie litt an einem schweren Herzleiden und verließ ihr Bett in der Regel nicht mehr. In diesem Zustand erlebte sie die Besetzung Karlburgs durch die Rote Armee am 2. April 1945. Im Mai 1945 gelang es Krizosztom Kelemen, Erzabt der Benediktinerabtei von Pannonhalma, das greise Fürstenehepaar in die Abtei zu bringen, die unter dem Schutze des Internationalen Roten Kreuzes stand. Dort verbrachte Stephanie die letzten Wochen ihres Lebens; hier starb sie 81-jährig am 23. August 1945. Ihrem Wunsch gemäß wurde sie in der Krypta der St. Stephans-Basilika von Pannonhalma beigesetzt. An der Bestattung nahmen lediglich ihr Mann, ihre Kammerzofe sowie Priester und Mönche der Erzabtei teil. Auf ihrem Grabstein befindet sich folgende Inschrift in ungarischer Sprache: LÓNYAY ELEMÉR HERCEG FELESÉGE STEFÁNIA BELGA KIRÁLYI HERCEGNŐ AUSTRIA ÉS MAGYARORSZÁG VOLT TRÓNÖRÖKÖSNEK ÖZVEGYE A WETTIN ÉS THÜRINGEN NEMZETSÉG SARJA A KÖTELESSÉGNEK ÉLT ISTENNEL ISTENÉRT HŰSÉGES SZERETETET FÉRJE IRÁNT ÁTVITTE AZ ÖRÖK ÉLETBE 1864. V. 21 - 1945. VIII. 23. Das Inventar der persönlichen Verlassenschaft, das nach Stephanies Tod in Pannonhalma erstellt wurde, listet 251 Positionen auf, darunter als wertvollste Einzelobjekte zwei Brillantnadeln mit je sechs Steinen und eine Halskette mir drei Brillantschließen. Ihr Witwer Elemér Fürst Lónyay von Nagy-Lónya und Vásáros-Namény überlebte seine Gemahlin nur um ein knappes Jahr. Als der Beschluss der Pariser Friedenskonferenz 1946 bekannt wurde, Karlburg von Ungarn abzutrennen und ab 15. Oktober 1947 an die neu entstandene Tschechoslowakei anzugliedern, machte sich der patriotische Ungar Lónyay nochmals auf den Weg nach Karlburg und ließ alles, was im Schloss noch nicht geplündert worden war, mit Hilfe der Benediktiner in die Abtei Pannonhalma überführen, wobei die russischen Soldaten mit Weinfässern bestochen wurden. So befindet sich die Schlossbibliothek Karlburg mit ihren etwa 4500 Bänden und geschnitzten Bücherschränken heute in der Erzabtei. Am 29. Juli 1946 starb Elemér Lónyay in Budapest; er wurde in der Krypta der Basilika neben seiner Ehefrau Prinzessin Stephanie beigesetzt. Die Epitaphe des Fürstenpaares in der Oberkirche mussten in der Zeit der kommunistischen Herrschaft Ungarns überdeckt werden; sie wurden erst nach der Wende wieder freigelegt. Auch heute noch sind in der Abtei Pannonhalma viele Erinnerungsstücke an die Lónyays zu sehen. Schloss und Herrschaft Karlburg, die das Ehepaar Lónyai testamentarisch den Benediktinern der Erzabtei Pannonhalma vermacht hatte, wurden von der Regierung der Tschechoslowakei beschlagnahmt und verstaatlicht. Der jahrzehntelange Restitutionsprozess zwischen der Benediktinerabtei und der Tschechoslowakei bzw. der Slowakei wurde in letzter Instanz 2009 vom Europäischen Gerichtshof zugunsten der Slowakischen Republik entschieden. Nachkommen Elisabeth Marie (1883–1963), die rote Erzherzogin Gedenken Während Stephanies Ehe mit Kronprinz Rudolf wurden nach ihr benannt: der am 19. Mai 1881 von Johann Palisa entdeckte Asteroid Stephania, die Stephanienwarte auf der Platte in Graz Mariatrost, 1885 der Stephaniensaal in Graz, ein 1977–1980 zum Kongresszentrum ausgebauter Konzertsaal, 1885 die Stephaniestraße in Preßburg (wurde 1921 in „Štefaniková“ umbenannt) 1885 die Stephanie-Paradieselster, eine zu den Paradiesvögeln gehörende Art 1886 die Stephaniebrücke, Vorgängerin der heutigen Wiener Salztorbrücke 1887 die bis heute bestehende Stephaniewarte auf dem Kahlenberg in Wien 1889 die später umbenannte Kronprinzessin-Stephanie-Warte in Karlsbad. Für den Besuch der Kronprinzessin im Jahre 1888 wurden die bis dahin schwer zugänglichen Plitvicer Seen in Kroatien erschlossen und erste Stege über das Wasser gebaut. Bis heute trägt einer der bekanntesten Wege durch den Nationalpark den Namen Štefanijin put (Stephanies Weg). Elisabeth Petznek (* 2. September 1883 in Laxenburg, Niederösterreich; † 16. März 1963 in Wien; geboren als Erzherzogin Elisabeth Marie Henriette Stephanie Gisela von Österreich; geschiedene Windisch-Graetz) war die einzige Tochter des Kronprinzen Rudolf von Österreich aus dem Haus Habsburg-Lothringen und österreichische Sozialdemokratin. In der Republik wurde sie als „rote Erzherzogin“ bekannt. Kindheit und Jugend Elisabeth Marie war das einzige Kind des österreichisch-ungarischen Kronprinzen Rudolf und seiner Frau Stephanie von Belgien. Sie wurde in der Familie „Erzsi“ genannt, die ungarische Koseform von Elisabeth. Erzsi war erst fünf Jahre alt, als sich ihr Vater zusammen mit seiner Geliebten Mary Vetsera am 30. Jänner 1889 in Mayerling das Leben nahm. Nach diesem Schicksalsschlag nahm sich ihr Großvater, Kaiser Franz Joseph, seiner „Lieblingsenkelin“ besonders an. 1900 heiratete ihre Mutter Stephanie in zweiter Ehe den ungarischen Grafen Elemér Lónyay von Nagy-Lónya und Vasaros-Nameny und schied damit aus der österreichischen Dynastie Habsburg-Lothringen aus. Erzsi hatte danach kaum noch Kontakt zu ihr. Das Verhältnis war zudem dadurch belastet, dass sie ihrer Mutter eine Mitschuld an der Tragödie von Mayerling gab. Ihren toten Vater Rudolf und seine Geliebte Mary von Vetsera betrauerte sie zu jedem Todestag. Leben als Erwachsene Ehewunsch gegen Willen des Kaisers Erzherzogin Elisabeth Marie hatte keine materiellen Sorgen. Der Kaiser hatte sie großzügig mit Mitteln versorgt, auch von dem Erbe ihrer Großmutter Elisabeth („Sisi“) erhielt sie einen erheblichen Betrag. Sie verliebte sich im September 1900 in Prinz Otto zu Windisch-Graetz (1873–1952). Ihr Heiratswunsch stieß jedoch anfangs auf den Widerstand des Kaisers, da Windisch-Graetz nicht ebenbürtig war und für Elisabeth Marie eine Verbindung mit dem deutschen Kronprinzen Wilhelm in Aussicht genommen war. Sie hielt aber auch nach einer ihr auferlegten Bedenkzeit an Windisch-Graetz fest, so dass Kaiser Franz Joseph schließlich einwilligte. Elisabeth Marie schied aus dem Haus Habsburg-Lothringen aus und verzichtete damit auf alle Ansprüche, z. B. im Notfall aus dem Familienversorgungsfonds der Dynastie unterstützt zu werden, Windisch-Graetz wurde anlässlich der Hochzeit in den persönlichen Fürstenstand erhoben. Die Verlobung wurde im Schloss Hetzendorf gefeiert, die kirchliche Trauung in der Hofburg-Kapelle vollzogen. Die Braut war 18 Jahre, der Bräutigam um zehn Jahre älter. Elisabeth fühlte sich erstmals in ihrem Leben frei. Aus der am 23. Jänner 1902 geschlossenen Ehe gingen vier Kinder hervor. Die Ehe verlief jedoch nicht glücklich und war durch angeblich häufige beiderseitige Untreue und Eifersucht gekennzeichnet. Der Legende nach soll Elisabeth Marie sogar einmal in Prag auf eine Geliebte ihres Mannes, die Opernsängerin Marie Ziegler, geschossen und sie schwer verletzt haben. Schloss Schönau wird ständiger Wohnsitz 1911 kaufte Elisabeth Schloss Schönau und ließ es kostspielig umgestalten. Davor besaß es Otto Franz Joseph von Österreich, ein Neffe Kaiser Franz Josephs. Fortgesetzt wurde in der Gesellschaft des Kaiserreiches über die Untreue des Otto Windisch-Graetz gemunkelt. Die Eheleute entfremdeten sich immer mehr, und Elisabeth Marie verbrachte die Winter mit ihren Kindern, getrennt von ihrem Mann, in Istrien. Dort lernte sie 1913 in Pola Linienschiffsleutnant Egon Lerch kennen, mit dem sie eine zumindest freundschaftliche Beziehung verband, bis er im August 1915 als U-Boot-Offizier fiel. Im Ersten Weltkrieg scheiterte die Ehe endgültig. Erstmals hatte sie im August 1915 ihren Mann Otto mit ihrem Scheidungswunsch konfrontiert. Der betagte Kaiser, der grundsätzlich gegen Scheidungen war, willigte allerdings nicht ein. Sorgerechtsstreit um Kinder Nach dem Tod des Kaisers kam es zu heftigen Auseinandersetzungen um das Sorgerecht für die Kinder, die erst 1924 beigelegt wurden, als sich das Paar definitiv trennte. Die Ehe wurde damals, nach anderen Quellen aber erst im Februar 1948 offiziell geschieden. Hintergrund war ein 1921 von Otto Windisch-Graetz angezettelter Gerichtsbeschluss, der ihm die Kinder zuteilte. Damals stand das Gericht in Sorgerechtsstreitigkeiten traditionell auf Seiten des Mannes. Die Kinder weigerten sich aber verzweifelt, vom Vater mitgenommen zu werden. Als schließlich der Richter samt Gerichtsvollzieher und 22 Gendarmen nach Schloss Schönau kam, um die Kinder abzuholen, blockierten an die hundert sozialdemokratische Arbeiter den Eingang. Der Richter musste abziehen. Dieser Vorfall beschäftigte die internationale Presse und die christlichsozial geführte Bundesregierung. Das vom Ehemann erzwungene Gerichtsverfahren wurde eingestellt und die Kinder blieben bei der Mutter. Elisabeth erwirkt endgültige Scheidung Gesetzeskonform war Elisabeth 1924 offiziell „von Tisch und Bett getrennt“, aber nach der damaligen kirchlich bestimmten Gesetzgebung nicht endgültig geschieden, wodurch eine Wiederverheiratung unmöglich war (vgl. auch Eheaufhebung und Ehescheidung). Erst 1948 erreichte sie die Beseitigung aller diesbezüglichen bürokratischen Hindernisse. Rote Erzherzogin Überzeugte Sozialdemokratin Elisabeth Windisch-Graetz, deren Adelstitel mit dem österreichischen Adelsaufhebungsgesetz 1919 aufgehoben wurde, lebte mit ihren Kindern aus der früheren Ehe mit Fürst Windisch-Graetz auf ihrem Anwesen Schloss Schönau im niederösterreichischen Schönau an der Triesting wenige Kilometer südlich von Wien. Bei einer Wählerversammlung der Sozialdemokraten in Leobersdorf lernte sie 1921 ihren späteren Ehemann, den Lehrer und sozialdemokratischen niederösterreichischen Landtagsabgeordneten Leopold Petznek (1881–1956) kennen, mit dem sie bald eine herzliche Beziehung einging. Sie öffnete ihren Schlossgarten für die Kinder der trostlosen Arbeitersiedlungen in der Umgebung und half mit Gemüse und Obst von den Feldern des Schlosses. Daraus ergaben sich Kontakte mit den sozialdemokratischen Kinderfreunden. Elisabeth Windisch-Graetz beschäftigte sich zunehmend mit der Sozialdemokratie. Petznek motivierte wohl Elisabeth Windisch-Graetz zur Annäherung an die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP), der sie im Oktober 1925 beitrat. Ihr frauenpolitisches Verständnis brachte sie 1927 in einem langen Zeitungsinterview zum Ausdruck: „Die Sozialdemokraten allein haben den Frauen mit der Tat geholfen. […] Die Zukunft gehört dem Sozialismus“. Weiterhin engagierte sich Elisabeth vor allem bei den Kinderfreunden, für die sie am 1. Mai rote Papiernelken verkaufte. Amüsiert erzählte sie später, dass sie manchmal von Genossinnen mit „kaiserliche Hoheit“ angesprochen wurde. Im Herbst 1927 lernten sie und ihre Tochter Stephanie Eleonore den späteren Bundeskanzler Bruno Kreisky kennen. Kreisky erinnerte sich fast 60 Jahre später: „Es war übrigens der erste Parteitag, an dem ich als Zuhörer auf der Galerie teilnahm, und er ist mir auch deshalb gut in Erinnerung geblieben, weil ich neben der Prinzessin Windisch-Graetz saß, die ihre bildhübsche Tochter mitgebracht hatte. Die „rote Prinzessin“, wie sie genannt wurde, war […] eine interessante Erscheinung, eine der schönsten Enkelinnen Franz Josephs …“. Der Legende nach soll Kreisky auch noch später im Kreise seines Parteivorstandes wiederholt gesagt haben, dass man für alltagstaugliches Politikverständnis ausschließlich von Arbeitern und von Hochadeligen etwas lernen könne. Elisabeths Vorstellung von der Sozialdemokratie soll von Kreiskys politischer Überzeugung geprägt gewesen sein, der Kernauftrag der Sozialdemokratie sei die permanente Sicherstellung des „gerechten Alltags“ und des „sozialen Friedens“ für alle Menschen. Übersiedlung in die Windisch-Graetz-Villa 1929 verkaufte sie ihr Schloss Schönau und kaufte stattdessen ein Palais am Wolfersberg im Westlichen Wienerwald im Bezirksteil Hütteldorf, Linzer Straße 452. Dieser Bezirksteil befand sich damals im 13. Wiener Gemeindebezirk Hietzing, seit 1938 im 14. Wiener Gemeindebezirk, Penzing. Das Gebäude ist bis heute als Windisch-Graetz-Villa bekannt. Das Villenanwesen, in dem sie mit ihrem Lebensgefährten Petznek von 1930 an wohnte, kannte Elisabeth seit ihrer Kindheit. Die Mitte des 19. Jahrhunderts von Hofarchitekten errichtete Spätbiedermeiervilla und ihr ausgedehnter Park waren in einer Karte von 1872 westlich des Zentrums von Hütteldorf zwischen Wolfersberg im Norden und Nikolaiberg im heutigen Lainzer Tiergarten im Süden, jenseits des Wienflusses, eingezeichnet. Wie im benachbarten Jagdschloss Esterházy zogen den Hochadel auch hier die privaten Jagdeinladungen der Habsburger in die Wienerwaldberge an. Der unmittelbar angrenzende Wolfersberg, der benachbarte Bierhäuselberg und das gegenüber liegende, später Lainzer Tiergarten genannte Areal waren private Jagdreviere des Kaiserhauses. Beispielsweise wurde 1846 in der Nähe von Elisabeths späterer Villa der auf mehr als 150 Jahre letzte Wolf im Wienerwald durch Erzherzog Franz Karl von Österreich, den Vater Kaiser Franz Josephs, erlegt. Eheschließung mit Petznek Leopold Petznek wurde nach der Errichtung der Diktatur durch Dollfuß’ 1934 vorübergehend verhaftet. Danach engagierten sich Leopold und Elisabeth für Familien, deren sozialdemokratische Angehörige inhaftiert waren. Leopold Petznek wurde 1944 ein zweites Mal verhaftet und ins Konzentrationslager Dachau verschleppt. Von dort konnte er erst zum Ende des NS-Regimes, 1945, heimkehren. Von 1945 bis 1947 war er, vom Nationalrat gewählt, Präsident des Rechnungshofes. Elisabeth heiratete ihn am 4. Mai 1948. (Die Angabe 14. Mai beruht auf einem Tippfehler.) Die Villa in Hütteldorf war indessen von September 1945 bis Februar 1955 vom Oberbefehlshaber der französisch besetzten Zone Österreichs, General Emile Béthouart, beschlagnahmt (sie lag im französischen Sektor Wiens). Erst nach dem Abschluss des Staatsvertrags, 1955, konnte das Paar in sein Haus zurückkehren, als beide schon schwer krank waren. Leopold Petznek starb, 75-jährig, 1956. Rückzug aus der Öffentlichkeit Zeit ihrer SDAP- und SPÖ-Mitgliedschaft unterstützte sie die Sozialdemokratie aktiv, auch durch ihre Anwesenheit bei Parteiveranstaltungen. Eine schwere rheumatische Erkrankung und das Leben im Rollstuhl zwangen Elisabeth, sich aus der Öffentlichkeit in ihre Villa zurückzuziehen, wo sie unter anderem von ihrem engen Parteifreund Bruno Kreisky besucht wurde. Zuletzt verfasste sie ein Testament, in dem sie auch die SPÖ-regierte Stadt Wien begünstigte. Darin legte sie bezüglich ihrer Beisetzung fest, dass diese (im Gegensatz zu ihrer Geburt, die in ganz Österreich-Ungarn mit Geschützsalven, Militärparaden und Fackelzügen gefeiert wurde) in aller Stille stattfinden solle. Tod und Ehrung durch die Stadt Wien Elisabeth Petznek starb 1963 mit 79 Jahren und wurde auf dem Hütteldorfer Friedhof in Wien im gleichen Grab wie ihr Mann (Gruppe 2, Nummer G72) beerdigt. Im Grab waren vor den beiden zwei Söhne Elisabeths aus der Ehe mit Otto Windisch-Graetz, Rudolf († 1939) und Ernst († 1952), bestattet worden. Seit 1998 ist nach ihr die Elisabeth-Petznek-Gasse benannt, eine kurze Seitengasse der Hüttelbergstraße, in Luftlinie etwa 500 Meter von der Windisch-Graetz-Villa entfernt. Erbschaftsstreitigkeiten Elisabeth verfügte über beträchtliches Vermögen, wobei sie den großflächigen Park ihrer Penzinger Windisch-Graetz-Villa, in bester Wiener Wohnlage, der Stadt Wien zur Errichtung einer neuen Wohnhausanlage überließ. Das ursprüngliche Gesamtareal, in der heutigen Linzer Straße 448 bis 452 jeweils bis zur heutigen Anzbachgasse gelegen, wurde zwischenzeitlich geteilt und dessen östlicher Teil von Verwandten Elisabeths vorübergehend für eine Ordensgemeinschaft verwaltet. Nach der Beilegung teils heftiger juristischer Auseinandersetzungen zwischen einigen erbberechtigten Verwandten Elisabeths und den Begünstigten wurden im ursprünglich westlichen Teil des Parks, oberhalb der Villa in der Linzer Straße 452, eine soziale Gemeindewohnanlage der Stadt Wien und danach im östlichen Teil, Linzer Straße 448 bis Anzbachgasse, eine genossenschaftlich-gemeinnützige Parkvillenanlage errichtet, wobei der Baugrundriss der Parkvillen an Elisabeths Villa erinnert. Namen und Titel 1883–1902: geb. Erzherzogin Elisabeth Marie Henriette Stephanie Gisela von Österreich 1902–1919: Fürstin Elisabeth Marie zu Windisch-Graetz 1919–1948: Elisabeth (Marie) Windisch-Graetz 1948–1963: Elisabeth Petznek Prinz Leopold Maximilian Joseph Maria Arnulf von Bayern (* 9. Februar 1846 in München; † 18. September 1930 ebenda) war ein deutscher Generalfeldmarschall. Leben Leopold von Bayern wurde am 9. Februar 1846 als Enkel von König Ludwig I. von Bayern und Sohn des Prinzen Luitpold geboren. Er trat als 16jähriger Kadett in die Armee ein und kämpfte als Jägerleutnant im Deutschen Krieg 1866 gegen Preußen. Er erhielt als Führer des 3. und 4. Geschützes seiner Batterie bei Kissingen die Feuertaufe und nahm auch noch am Gefecht von Roßbrunn teil. Im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 bekam er als Batteriechef bei Sedan das Eiserne Kreuz 2. Klasse und bewährte sich dann im Gefecht bei Villepion so gut das er den Max-Josephs-Orden erhielt, die höchste bayrische Auszeichnung für Tapferkeit vor dem Feind. Für seine Teilnahme an den verlustreichen Gefechten bei Beauvert am 8. bis 10. Dezember 1870 wurde Prinz Leopold als Major mit dem Eisernen Kreuz 1. Klasse ausgezeichnet. Im Jahre 1873 heiratete Leopold die Erzherzogin Gisela von Österreich, eine Tochter Kaiser Franz Josephs I. und der Kaiserin Elisabeth ("Sisi") von Österreich-Ungarn, somit seine Cousine 2. Grades. Im Frieden erweiterte er durch Reisen nach England und Island seinen Wissenskreis, eine Fahrt nach Ägypten, Konstantinopel und der Sinaihalbinsel schloss sich an. Er rückte stufenweise bis zum General der Kavallerie auf und wurde an seinem 50. Geburtstag zum Generaloberst der Kavallerie befördert. Am Neujahrestag 1905 erhielt er als Inspekteur der IV. Armeeinspektion aus den Händen Kaiser Wilhelms II. den Marschallstab. 1913, zwei Jahre nach seinem 50. Militärdienst-Jubiläum, zog sich der Prinz ins Privatleben zurück. Am 16. April 1915 reaktiviert, übernahm Prinz Leopold von Bayern den Oberbefehl über die 9. Armee. Er trat an die Stelle von Mackensen und unterstand dem Generalfeldmarschall von Hindenburg. Seine Operationen zielten auf Warschau. Am 5. August wurde Warschau kampflos eingenommen. Am 9. Februar 1916 konnte Prinz Leopold seinen 70. Geburtstag in Slonim, seinem neuen Hauptquartier, begehen. Im Sommer 1916 wurde Hindenburg aus dem Osten abberufen und mit der Führung des ganzen deutschen Feldheeres beauftragt. An seine Stelle trat am 29. August Prinz Leopold als Oberbefehlshaber Ost. Seine Machtbefugnis musste nach Süden schrittweise erweitert werden. Sie reichte schließlich von der Ostsee bis zu den Karpaten und umfasste auch die K.u.K. 2. und 3. Armee. Nach Ausbruch der Revolution in Russland, begannen am 26. November 1917 die Friedensverhandlungen von Brest- Litowsk. Der Prinz wurde, zusammen mit Hindenburg und Mackensen, mit dem Großkreuz des Eisernen Kreuzes ausgezeichnet. Nach dem Versailler Friedensschluss nach Bayern zurückgekehrt, floh er vor der in Deutschland ausgebrochenen Revolution. Erst während der Weimarer Republik ließ er sich wieder in München nieder und war dort 84jährig am 18. September 1930 gestorben. Nachkommen Leopold heiratete Gisela von Österreich (1856-1932), Tochter von Kaiser Franz Joseph I. (1830-1916). Elisabeth (1874-1957) ∞ Otto von Seefried Auguste (1875-1964) ∞ Joseph August von Österreich Georg (1880-1943) Konrad (1883-1969) Rudolf, Kronprinz von Österreich und Ungarn (vollständiger Vorname Rudolf Franz Karl Joseph; * 21. August 1858 im Neuen Schloss Laxenburg; † 30. Jänner 1889 auf Schloss Mayerling) war der einzige Sohn von Kaiser Franz Joseph I. und Kaiserin Elisabeth. Er war staatsrechtlich Kronprinz des kaiserlichen Österreich (Cisleithanien) und des königlichen Ungarn. Wie alle habsburgischen Prinzen trug er, den Hausgesetzen des Hauses Habsburg-Lothringen entsprechend, den Titel Erzherzog, im Ungarischen: főherceg, und war mit Kaiserliche und Königliche Hoheit anzusprechen. Kindheit und Jugend Der junge Kronprinz war sehr sensibel und sollte auf Wunsch des Vaters eine harte militärische Ausbildung erhalten. Der Sohn sollte ein guter Soldat, begeisterter Jäger und braver Katholik werden. Generalmajor Leopold Graf Gondrecourt wurde als Erzieher bestimmt. Er ließ das Kind stundenlang in Regen und Kälte exerzieren, weckte ihn auch gelegentlich mit Pistolenschüssen und ließ ihn in den Wäldern des Lainzer Tiergartens plötzlich alleine, das Kind in Panik versetzend. Erst auf Druck seiner Mutter wurde diese Art der Ausbildung beendet und es wurden seine naturwissenschaftlichen Neigungen gefördert, da sie Joseph Graf Latour von Thurmburg zu seinem Erzieher bestimmte. So kam beispielsweise der deutsche Tierforscher Alfred Brehm an den Hof, um ihn zu unterrichten. Rudolf war ein wissbegieriges und lerneifriges Kind und von schneller Auffassungsgabe, hatte aber wenig Interesse an Lesen, Schreiben und Fremdsprachen. Späteres Leben Er unternahm zahlreiche Reisen, zunächst in Europa, später auch auf anderen Kontinenten, über die er mehrfach Berichte – unter seinem Namen oder anonym – verfasste. Darüber regte er eine Enzyklopädie Österreich-Ungarns an, das so genannte Kronprinzenwerk, und schrieb darin selbst mit. Außerdem war Kronprinz Rudolf ein angesehener Ornithologe. Er stand häufig mit seinem Vater in Konflikt, da er liberale und antiklerikale Ansichten vertrat und die Stärkung des "multinationalen Bewusstseins" im Habsburgerreich gegenüber nationalen Sonderrechten bevorzugte. Militärdienstzeit und Liebesaffäre in Prag Nach dem Ende seines Studiums übersiedelte Rudolf 1878 nach Prag, wo er im Infanterieregiment Nummer 36 seinen Militärdienst leistete (1878 Oberst, 1880 Generalmajor, 1882 Feldmarschallleutnant, 1888 Gen. Inf. Insp.). Laut Berta Zuckerkandl, Tochter des Zeitungsverlegers und langjährigen Rudolf-Freunds Moriz Szeps, hatte Rudolf in Prag eine Liebesaffäre mit einer jungen Frau jüdischen Glaubens – laut seiner Enkelin Stephanie Windisch-Graetz (1909–2005) seine große und einzige Liebe. Nach Spitzelberichten im Akt des Wiener Polizeipräsidenten Franz von Krauß begleitete diese Geliebte ihn sogar zur Brautschau an den Brüsseler Hof. Sie starb, nachdem sie aus ihrem Exil, in das man sie verbannt hatte, ausgebrochen war. Heirat mit Stephanie von Belgien Auf Druck des Kaisers musste Rudolf 1881 Prinzessin Stephanie heiraten, Tochter des belgischen Königs Leopold II. Sie war die Cousine zweiten Grades von Rudolfs Vater Franz Joseph, da ihre Mutter Marie Henriette eine Enkelin von Kaiser Leopold II. war. Das Paar lebte einige Zeit in Prag, wo es wiederholt zu Auseinandersetzungen kam. Nach der Geburt ihrer Tochter, Erzherzogin Elisabeth Marie 1883 in Laxenburg, kehrten sie nach Wien zurück. Tod in Mayerling Rudolf litt unter starken Stimmungsschwankungen. Vermutlich nahm er sich in der Nacht vom 29. auf den 30. Jänner 1889 in Schloss Mayerling durch einen Schuss in den Kopf das Leben. Die 17-jährige Baroness Mary Vetsera starb ebenfalls dort. Dem Bericht des Arztes zufolge war sie von Kronprinz Rudolf erschossen worden. Dass die Baroness tatsächlich durch einen Kopfschuss starb, ist inzwischen geklärt. Die Wiener Hofärzte obduzierten den Leichnam des Kronprinzen und attestierten aufgrund pathologischer Befunde des Gehirns, die Tat sei in einem „Zustande von Geistesverwirrung geschehen“, wodurch der Kronprinz mit allen kirchlichen Zeremonien beigesetzt werden konnte. Baroness Mary wurde in das Stift Heiligenkreuz gebracht und auf dem Friedhof der Zisterzienserabtei beerdigt. Bereits Anfang Februar 1889 erschienen in der deutschen Presse verschiedene Berichte über Kronprinz Rudolf und die Baroness, deren Verbreitung in Österreich-Ungarn jedoch am 15. Februar aufgrund einer Entscheidung des k. k. Landesgerichts in Troppau verboten wurde. Der Verlauf der schicksalhaften Nacht ist bis heute ungeklärt, nachdem die Zeugen (darunter Rudolfs Kammerdiener Johann Loschek) ihr Leben lang schwiegen oder widersprüchliche Aussagen machten. Viele Dokumente wurden vernichtet. Der Suizid des Kronprinzen erschütterte das Vertrauen in die habsburgische Monarchie. Die angebliche Tatwaffe befand sich im Besitz Otto von Habsburgs; er wollte sie zeitlebens (1912–2011) nicht herausgeben. Zita, Ottos Mutter und Ehefrau des letzten Kaisers Karl, beharrte in ihren letzten Lebensjahren Historikern gegenüber darauf, dass Rudolf und seine Mary Vetsera in Mayerling nicht vom Kronprinzen selbst getötet wurden, sondern „politischen Meuchelmördern zum Opfer gefallen“ seien, wie das deutsche Nachrichtenmagazin Der Spiegel in seinem Kurznachruf zu Zitas Tod 1989 berichtete. Die Historikerin Brigitte Hamann, selbst Autorin einer Rudolf-Biografie, beschrieb die Rolle der Kaiserwitwe in einem Interview mit der österreichischen Wochenzeitschrift profil im Jahr 2005 mit den Worten: „Kaiserin Zita […] wollte uns weismachen, dass Rudolf von den bösen Freimaurern hinterrücks ermordet worden sei […]. Das war gezielte Vernebelungstaktik.“ Schon im Jahr 1983 berichtete Die Zeit, dass nach Meinung Zitas, die behauptete, dafür namentlich Täter anführen zu können, Rudolf „Opfer eines politisch motivierten Mordanschlags“ einer ausländischen Verschwörung gewesen sei, weil er sich nicht an einer Verschwörung zum Sturz Kaiser Franz Josephs beteiligen, sondern diese aufdecken wollte. Auftraggeber sei nach Zita der französische Staatsmann Clemenceau gewesen. Rudolf setzte in seinem Testament vom 2. März 1887 seinen Vater Kaiser Franz Joseph als Testamentsvollstrecker ein. Darüber hinaus bat er ihn, die Vormundschaft für Tochter Elisabeth Marie (1883–1963) zu übernehmen, die er gleichzeitig zu seiner Universalerbin machte. Nach Rudolfs Tod wurde nach den habsburgischen Hausgesetzen sein Onkel Karl Ludwig österreichisch-ungarischer Thronfolger. Sonstiges Bei seiner Taufe wurde sein Name Rudolph geschrieben, ebenso bei seiner Heirat 1881, in einem Nachruf 1889 Rudolf. Die nach ihm benannte Kronprinz-Rudolf-Bahn führte schon bei ihrer Gründung nur den Namen mit f. 1903 kam es im ganzen deutschsprachigen Raum zu einer Rechtschreibreform, bei der ph-Schreibungen auf f geändert wurden. Rudolf war Förderer des k.u.k. Heeresmuseums (heute Heeresgeschichtliches Museum) in Wien. Ab 1885 war er Vorsitzender des Komitees, dem die Bildung und Ausgestaltung des Heeresmuseums oblag. Mizzi Kaspar (1864–1907) war Rudolfs langjährige Geliebte. Rudolf wollte sich zusammen mit ihr umbringen, doch sie wollte nicht mit ihm sterben. Sie informierte die Polizei über Rudolfs Suizidpläne, was aber nicht weiter verfolgt wurde. Rudolf verbrachte seine letzte Nacht in Wien, vom 27. auf den 28. Jänner 1889, bei ihr; am Morgen brach er nach Mayerling auf. Rudolf vermachte Kaspar (zu dieser Zeit 24 Jahre alt) in seinem Testament 30.000 Gulden. Ehrungen Mehrere Objekte waren bzw. sind nach Rudolf von Österreich-Ungarn benannt: Wien Rudolfsbrücke über den Wienfluss (nicht mehr existent) zwischen dem 1. Bezirk Innere Stadt und dem 3. Bezirk Landstraße Kronprinz-Rudolf-Brücke über die Donau zwischen dem 2. Bezirk Leopoldstadt und dem 22. Bezirk Donaustadt; umbenannt 1919 in Reichsbrücke Rudolfskaserne (heute: Rossauer Kaserne) im 1. Bezirk Innere Stadt Rudolfsplatz – im 1. Bezirk Innere Stadt; benannt im Jahr 1862 Rudolfstiftung – städtisches Krankenhaus in der Juchgasse 25 im 3. Bezirk Landstraße Rudolf-Hof in der Hörlgasse 15 im 9. Bezirk Alsergrund Rudolfsheim – heute Bezirksteil des 15. Bezirks Rudolfsheim-Fünfhaus Rudolfinerhaus – Spital in der Billrothstraße 78 im 19. Bezirk, Döbling Zahlreiche weitere in Wien ehedem nach Rudolf benannte Verkehrsflächen wurden mittlerweile umbenannt. Oberösterreich Rudolfstaße in Linz-Urfahr als eine zentrale Einfahrtsstraße nach Linz aus dem Mühlviertel. Steiermark Kronprinz Rudolf – in der Steiermark gefundene und 1873 auf der Wiener Weltausstellung erstmals präsentierte Apfelsorte Kronprinz-Rudolf-Warte – 1879 erbaute Aussichtswarte auf dem Grazer Buchkogel Tschechien Rudolfinum in Prag – heute Heimstatt der Tschechischen Philharmonie Rudolf-Quelle im Kurort Kyselka in Tschechien Kronprinz-Rudolf-Turm auf dem Libín Norwegen Rudolftoppen, Berg auf der norwegischen Insel Jan Mayen Russland Rudolf-Insel (russisch: остров Рудольфа) – nördlichste Insel des Franz-Josef-Landes; heute zugehörig zur Oblast Archangelsk in Russland Kenia der Rudolfsee – heute der Turkana-See in Kenia Die Österreichisch-Ungarische Monarchie, auch bekannt als Donaumonarchie und Doppelmonarchie, war ein Vielvölkerstaat in Mittel- und Südosteuropa, der nach dem Umbau des Kaisertums Österreich zu einer Doppelmonarchie auf der Grundlage des österreichisch-ungarischen Ausgleiches vom 8. Juni 1867 bis zum 31. Oktober 1918 (Austritt Ungarns aus der Realunion) bestand. Sie setzte sich aus zwei Staaten zusammen: aus den „im Reichsrat vertretenen Königreichen und Ländern“, offiziös Cisleithanien (erst ab 1915 amtlich Österreich genannt), und den „Ländern der heiligen ungarischen Stephanskrone“. Hinzu kam 1878 das gemeinsam verwaltete Bosnien-Herzegowina. Die verfassungsrechtlichen Ausgleichsvereinbarungen sicherten im Sinne einer Realunion die Gleichberechtigung der beiden (Teil-)Staaten im Verhältnis zueinander. Gemeinsames Staatsoberhaupt war der Kaiser von Österreich und Apostolische König von Ungarn aus dem Haus Habsburg-Lothringen. Von 1867 bis 1916 regierte Franz Joseph I., danach bis 1918 Karl I./IV. Mit einer Fläche von 676.615 km² und 52,8 Mio. Menschen (1914) war Österreich-Ungarn, flächenmäßig nach Russland, der zweitgrößte und von seiner Bevölkerungszahl, nach Russland und dem Deutschen Reich, der drittgrößte Staat Europas. Sein damaliges Staatsgebiet umfasst die heutigen Staaten Österreich, Ungarn, Tschechien, Slowakei, Slowenien, Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Teile des heutigen Rumäniens, Montenegros, Polens, der Ukraine, Italiens, und Serbiens. Namen 1868 legte der Kaiser und König den Staatsnamen Österreichisch-Ungarische Monarchie förmlich fest. Alternativ wird Österreich-Ungarn auch als k. u. k. Monarchie bezeichnet (kaiserliche und königliche Monarchie). Da die Donau den Doppelstaat auf einer Länge von etwa 1.300 km durchfloss und seinen Hauptstrom bildete, spricht man auch von der Donaumonarchie. Wegen der staatsrechtlichen Konstruktion der beiden Reichsteile ist ebenso die Bezeichnung Doppelmonarchie gebräuchlich; mit dem kaiserlichen Doppeladler, den die Ungarn nicht führten, hat dies nichts zu tun. Das kaiserliche Österreich wurde offiziell bis 1915 meist die im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder genannt, inoffiziell in der Politiker- und Juristensprache auch Cisleithanien. Das königliche Ungarn firmierte amtlich als die Länder der heiligen ungarischen Stephanskrone, inoffiziell auch als Transleithanien. In der Literatur wurde das kaiserliche Österreich auch als „Kakanien“ bezeichnet – ein Ausdruck, der aus dem Roman „Der Mann ohne Eigenschaften“ von Robert Musil stammt und sich aus dem für die cisleithanische Reichshälfte verwendeten Kürzel k. k. ableitete. Geschichte Der Weg zum österreichisch-ungarischen Ausgleich (1848–1867) Die Wurzeln der Österreichisch-Ungarischen Monarchie liegen in der Auseinandersetzung des Kaisertums Österreich mit dem Königreich Preußen um die Vorherrschaft im Deutschen Bund, der am 8. Juni 1815 mit Österreich als Präsidialmacht gegründet worden war. Österreich war für Preußen das Haupthindernis in der vom überregionalen Deutschen Nationalverein gestützten Kleindeutschen Lösung, die einen Zusammenschluss der Länder des Deutschen Bundes unter der Führung Preußens unter gleichzeitigem Ausschluss Österreichs vorsah. Diese Auseinandersetzung wurde am 3. Juli 1866 in der Schlacht bei Königgrätz („Deutscher Krieg“) zu Gunsten Preußens entschieden. Die für das Kaisertum Österreich gravierendste Folge dieses Krieges war die Isolierung durch die erzwungene Trennung von den deutschen Staaten. Dieser Schwächung der Deutschen in Österreich stand eine Stärkung der Stellung der demographisch dominierenden nichtdeutschen Nationalitäten gegenüber, die das Zerbrechen des schon 1848 schwer erschütterten Vielvölkerstaates befürchten ließ. Um diese Gefahr zu verringern, musste das Kaiserhaus vor allem das Verhältnis zu den herrschenden Schichten Ungarns entspannen. Die aus der Sicht der Habsburger aufständischen Ungarn konnten im Jahr 1849 nur mit Unterstützung Russlands besiegt werden. Mit der Hinrichtung des gemäßigten ehemaligen Ministerpräsidenten Lajos Batthyány und mehrerer seiner Mitstreiter hatte der 20-jährige Kaiser Franz Joseph I. 1850 allerdings eine Kluft aufgerissen, die durch die Abtrennung der Wojwodina, Kroatiens, Slawoniens und Siebenbürgens sowie die Unterstellung Restungarns unter die Militärverwaltung Erzherzog Albrechts nur vertieft wurde. Mit der Befreiung der Bauern hatte das Haus Habsburg den ungarischen Adel als eigentlichen Entscheidungsträger des Landes endgültig gegen sich aufgebracht. Er reagierte mit passiver Resistenz in Form von Ämter- und Steuerverweigerung, was eine permanente Truppenpräsenz erforderlich machte. Als Positivum dieser Adelsvorrechte reduzierenden und Segregationswünsche unterdrückenden Phase sind, neben der Bauernbefreiung die Modernisierung des Schulwesens, das Ende der Patrimonialgerichtsbarkeit und die Einführung des österreichischen Strafgesetzbuches zu nennen. Die Konfrontation wurde schließlich auch durch den wirtschaftlichen Aufschwung gedämpft, eine substantielle Annäherung war jedoch erst 1865 mit der Wiedereinberufung des ungarischen Landtages und der Zusage der weitgehenden Restitution der ungarischen Verfassung von 1848 durch die kaiserliche Regierung erfolgt. Weitere Schritte waren dringend nötig. Die Ausgleichsverhandlungen mit den Ungarn standen unter dem Zeichen widerstrebender magyarischer Meinungen. Der im Exil lebende geistige Führer der ungarischen Revolution Lajos Kossuth und seine beträchtliche Anhängerschaft im Lande votierten für die Loslösung von Österreich, ein Ausgleich wäre (gemäß Kossuth) der „Tod der Nation“ und würde dem Land das „Zugseil fremder Interessen auferlegen“. Letztendlich setzte sich jedoch die Meinung des Führers der Liberalen Ferenc Deák durch. Er führte ins Treffen, dass ein freies Ungarn mit seinen starken slawischen und deutschen Minderheiten Gefahr liefe, in die Isolation zu geraten und letztendlich zwischen Russland und Deutschland zerrieben zu werden. Ein Bündnis mit dem durch das interne Nationalitätenproblem geschwächten Österreich unter der Führung eines Monarchen, der sich im Krönungseid der ungarischen Nation verpflichtet, wäre deshalb vorzuziehen. Den Adel überzeugte er überdies mit dem Hinweis, dass der Ausgleich die Möglichkeit bieten würde, die territoriale und politische Integrität des Großgrundbesitzes zu wahren und die Herrschaft über die nichtmagyarischen Nationen Ungarns fortzusetzen. Die Verhandlungen über den Österreichisch-Ungarischen Ausgleich wurden Anfang 1867 abgeschlossen. Am 17. Februar 1867 ernannte Franz Joseph I. die neue ungarische Regierung unter Graf Andrássy. Die Wiener Verhandlungen wurden einen Tag später abgeschlossen. Am 27. Februar 1867 wurde der ungarische Reichstag wiederhergestellt. Am 15. März leistete Graf Andrássy mit seiner Regierung in Ofen Kaiser Franz Joseph I. den Treueeid. Zugleich traten die Regelungen des österreichisch-ungarischen Ausgleichs in Kraft. Das gilt als Geburtstag der Doppelmonarchie, wenn auch die Ausgleichsgesetze erst im Dezember 1867 von den Parlamenten beider Staaten beschlossen waren. Franz Joseph I. selbst wurde am 8. Juni 1867 in Buda zum König von Ungarn gekrönt. Die Doppelmonarchie 1867–1914 Franz Joseph I. war nun formal das gemeinsame konstitutionelle Staatsoberhaupt (Personalunion), unter dessen Leitung sowohl die Außenpolitik, die gemeinsame Armee und Kriegsmarine sowie die dazu nötigen Finanzen in den entsprechenden „k.u.k. Reichsministerien“ mit Sitz in Wien gemeinsam verwaltet wurden (Realunion). Alle anderen Angelegenheiten konnten Österreich und Ungarn von nun an getrennt regeln (es kam jedoch freiwillig zu einem gemeinsamen Währungs-, Wirtschafts- und Zollgebiet). Mit dem Abschluss des Ausgleichsvertrages waren jedoch keinesfalls alle Streitpunkte ausgeräumt. So hatte sich Ungarn eine Adaptierung alle zehn Jahre ausbedungen. Die Verhandlungen dazu wurden von den Ungarn vor allem mit dem Ziel der Schwächung der noch vorhandenen Bande und der Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Position gegenüber Cisleithanien geführt. Die sich jeweils über viele Monate, ja Jahre, hinziehenden Verhandlungen der entsprechenden Kommissionen schufen ein Klima der permanenten Konfrontation und belasteten das Verhältnis zwischen den beiden Reichshälften bis zur Planung eines Militäreinsatzes. Es zeigte sich, dass der Einfluss Franz Josephs I. als ungarischer König auf die ungarische Innenpolitik weit geringer war als jener auf die Regierungen in Cisleithanien als österreichischer Kaiser. Eines seiner letzten Druckmittel gegenüber den Ungarn blieb die Androhung der Einführung allgemeiner und freier Wahlen. Der Ausgleich mit Ungarn, der den Ungarn eine weitreichende staatliche Autonomie gebracht hatte, führte allerdings zum Protest anderer Nationalitäten, insbesondere der Slawen. Konkrete Forderungen nach einem ähnlichen Ausgleich wurden vor allem von den Tschechen für die Länder der böhmischen Krone (Böhmen, Mähren, Österreichisch-Schlesien) erhoben. Die unberücksichtigten Interessen anderer Nationalitäten und die ungarischen Assimilierungsversuche (z. B. die Magyarisierungspolitik in der heutigen Slowakei) führten zu ethnischen Spannungen und zu Begriffen wie „Völkerkerker“. Andererseits prosperierte die Doppelmonarchie als gemeinsamer Wirtschaftsraum mit gemeinsamer Währung. Die nichtdeutschen Nationalitäten hatten in Österreich wesentlich mehr Rechte als in Ungarn. Dies betraf vor allem den Unterricht in der Muttersprache (obwohl höhere nichtdeutsche Schulen oft erkämpft werden mussten), die Verwendung der Muttersprache bei Ämtern und Behörden (Antworten in der Sprache des Antragstellers mussten allerdings erst gesetzlich vorgeschrieben werden) und die Vertretung im Reichsrat, dem Parlament Österreichs. Diese Vertretung wurde allerdings sehr unterschiedlich genützt. Die Polen Galiziens arbeiteten – durch Steuergeschenke und Investitionen geködert – oft konstruktiv mit und stellten zeitweise k.k. Minister (Agenor Goluchowski, Alfred Józef Potocki, Kasimir Felix Badeni). Viele tschechische Politiker bestritten die Zuständigkeit des Reichsrates für die Länder der böhmischen Krone grundsätzlich, sodass dort schon früher als in anderen Kronländern die Direktwahl der Abgeordneten vorgeschrieben werden musste. Tschechische Reichsratsabgeordnete machten die Beratungen des Abgeordnetenhauses immer wieder durch Lärmorgien unmöglich (Obstruktionspolitik), worauf die Regierung dem Kaiser die Vertagung des Reichsrates vorschlug und mit provisorischen Verordnungen weiterregierte. In Ungarn waren die nichtmagyarischen Nationalitäten, die fast die Hälfte der Bevölkerung ausmachten, durch Schulgesetze und Wahlrecht diskriminiert. Im Unterschied zu Österreich, wo dies 1907 gelungen war, wurde in Ungarn bis zum Ende der Doppelmonarchie kein allgemeines Männerwahlrecht eingeführt. Vorrechte von Stand und Besitz waren in Ungarn wesentlich stärker maßgebend als in Österreich. Die herrschende Schicht Ungarns arbeitete im Rahmen ihrer politischen Möglichkeiten daran, Ungarn möglichst vollständig von Österreich unabhängig zu machen. Als der Berliner Kongress 1878 Österreich-Ungarn die Okkupation Bosniens und der Herzegowina, beide formal weiterhin Bestandteile des Osmanischen Reiches, gestattete, wollten Österreich und Ungarn das neue Verwaltungsgebiet in ihren Staat eingliedern. Die salomonische Lösung war dann, dass Bosnien und Herzegowina weder zu Cis- noch zu Transleithanien geschlagen, sondern vom gemeinsamen k.u.k. Finanzministerium verwaltet wurde. Kaiser und König Franz Joseph I. war nach dem Ausgleich penibel darauf bedacht, seine beiden Reichshälften gleich zu behandeln. Dies erstreckte sich bis zur Frage der Namensgebung für neue Schiffe der k.u.k. Kriegsmarine; Franz Joseph I. lehnte Namensvorschläge ab, die Ungarn benachteiligt hätten. Der nach dem Selbstmord von Kronprinz Rudolf 1889 designierte Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand hingegen verbarg seine Abneigung gegen die herrschende Klasse Ungarns und ihre Magyarisierungs- und Erpressungspolitik gegenüber der Krone nicht und plante in seiner Militärkanzlei (er war Generalinspektor der gesamten k.u.k. bewaffneten Macht) im Schloss Belvedere einen auf die Armee gestützten Umbau der Doppelmonarchie nach dem Tod Franz Josephs I. Sein Vorhaben, aus der Doppelmonarchie durch gleichberechtigte Beteiligung der Südslawen als drittes Staatselement (Trialismus) eine „Tripelmonarchie“ zu machen, wäre wohl nur im Bürgerkrieg mit den Ungarn zu realisieren gewesen. Außerdem hätten die dann nach wie vor benachteiligten Tschechen wohl nicht unbeteiligt zugesehen. Auf Initiative Franz Ferdinands wurden außerdem Modelle zur Umwandlung der Monarchie in einen ethnisch-föderativen Staat entworfen (Modell der „Vereinigten Staaten von Groß-Österreich“ nach Aurel Popovici), die jedoch nicht zur Realisierung kamen. 1908 brach in der Türkei die so genannte jungtürkische Revolution aus. Österreich-Ungarn wurde dadurch daran erinnert, dass Bosnien und die Herzegowina zwar von der k.u.k. Monarchie seit dreißig Jahren okkupiert und verwaltet wurden, jedoch formal Teile des Osmanischen Reiches geblieben waren. Franz Joseph I. sah nun die Chance, „Mehrer des Reiches“ zu sein, und stimmte dem Annexionsplan des k.u.k. Reichsfinanzministers zu. Der einseitige, von keiner internationalen Konferenz unterstützte Rechtsakt, das Hoheitsgebiet der k.u.k. Monarchie auf Bosnien und Herzegowina zu erstrecken, verursachte in Europa größere Unruhe („Bosnienkrise“). Dabei wurde klar, wie wenige Verbündete Österreich-Ungarn im Kriegsfall haben würde. 1908 beging Franz Joseph I. auch sein Jubiläum, 60 Jahre Kaiser von Österreich zu sein. Kaiser Wilhelm II. und fast alle Oberhäupter der deutschen Teilstaaten gratulierten aus diesem Anlass persönlich in Wien. Ungarn sah sich „nicht zu Kundgebungen veranlasst“, war Franz Joseph I. doch bis zu seiner Krönung in Ungarn 1867 als Fremdherrscher empfunden worden. In Prag und Laibach kam es 1908 zu Ausschreitungen gegen die Deutschen als herrschendes Volk des Kaisertums Österreich. Der Weg in den Krieg: Julikrise 1914 Am 28. Juni 1914 besuchten Franz Ferdinand und seine Frau Sophie Herzogin von Hohenberg Sarajevo, die Hauptstadt des 1908 annektierten Bosnien. An jenem Tag beging Serbien zum ersten Mal den Veitstag als offiziellen Staatsfeiertag, den Jahrestag der Schlacht auf dem Amselfeld, an dem 1389 die Serben vernichtend von den Türken geschlagen worden waren. Nationalisten, die ein vereintes Serbien (und somit Gebiete der Monarchie, in denen Serben lebten) forderten, empfanden den Besuch des Paares als Provokation. Während einer Autofahrt durch Sarajevo wurde das Paar von dem serbischen Attentäter Gavrilo Princip erschossen, was zu einer schwerwiegenden Staatskrise, der so genannten Julikrise, führte. Daraufhin erhielt Kaiser und König Franz Joseph ein Treuebekenntnis des deutschen Kaisers Wilhelm II., der ihm versicherte, „im Einklang mit seinen Bündnisverpflichtungen und seiner alten Freundschaft treu an der Seite Österreich-Ungarns [zu] stehen“. Dieses Treuebekenntnis, das nicht voraussetzte, dass weitreichende Entscheidungen Österreich-Ungarns vorher mit dem Deutschen Reich abgesprochen wurden, empfanden politische Beobachter als Blankoscheck. Wie weit zu diesem Zeitpunkt der europäische Krieg bereits im Kalkül der deutschen Führung lag, ist in der historischen Forschung bis heute umstritten (siehe Fischer-Kontroverse). Am 23. Juli stellte Österreich-Ungarn ein Ultimatum an Serbien, da man davon ausging, dass Serbien entscheidenden Anteil an dem Attentat hatte. Die Antwort aus Belgrad war nachgiebig und kooperativ.[1] Die Serben hatten allerdings nicht alle Bedingungen der k.u.k. Monarchie hundertprozentig akzeptiert. Österreichisch-ungarische Spitzenpolitiker und Militärs nahmen daher gern die Gelegenheit wahr, die serbische Antwort als unzureichend abzulehnen. In völliger Verkennung der Weltlage und der Schwäche der Monarchie motivierten sie den 84-jährigen Kaiser und König, der seit 48 Jahren keinen Krieg mehr zu führen gehabt hatte, zur Kriegserklärung an das südöstliche Nachbarland, die am 28. Juli erfolgte. Dies bewog Russland zur Generalmobilmachung, da sich das Zarenreich aufgrund des Panslawismus als Behüter der slawischen Völker sah und den Balkan als eigenes Einflussgebiet betrachtete. Russland erklärte Österreich-Ungarn den Krieg. Hierauf trat für das Deutsche Reich der Bündnisfall ein; das Reich trat an der Seite Österreich-Ungarns in den Krieg ein. Da Russland mit Frankreich und Großbritannien verbündet war (Entente), kamen diese beiden Russland zu Hilfe, womit der „Große Krieg“ – später Erster Weltkrieg genannt – nicht mehr aufzuhalten war. Österreich-Ungarn im Ersten Weltkrieg Italien blieb zunächst neutral. Es sah sich trotz des Bündnisses (Dreibund) mit Österreich-Ungarn und dem Deutschen Reich nicht in der Pflicht, da es ein Defensivbündnis gewesen sei und Italien die „Mittelmächte“ (womit nicht die Größe der Macht, sondern die Lage in Mitteleuropa gemeint war) für die Verantwortlichen des Kriegsausbruches hielt. Italien stellte an Österreich-Ungarn die Forderung, italienischsprachige Gebiete der k.u.k. Monarchie (Trentino, Triest, Istrien usw.) an Italien abzutreten. Österreich-Ungarn wollte allenfalls das Trentino (Welschtirol) abtreten. Deutschland erkannte die Gefahr, dass die Entente Italien in ihr Lager ziehen könnte und mahnte Österreich-Ungarn, die Forderungen Italiens anzunehmen. Die Entente versprach Italien mehr: 1915 wechselte der gewesene Bündnispartner Österreich-Ungarns die Seiten und begann in der Hoffnung, das Risorgimento abschließen und beide Küsten der Adria („mare nostro“ = „unser Meer“) beherrschen zu können, seinen Krieg gegen Österreich-Ungarn. Der Fragilität des Vielvölkerstaates zum Trotz kämpfte die österreichisch-ungarischen Armee mutig und standhaft. In Galizien war es schwer, der russischen Übermacht standzuhalten. (Vorübergehend gab es die Furcht, die Russen könnten bis Wien vordringen.) Serbien, von der Wiener „Kriegspartei“ als leichte Beute betrachtet, leistete erbitterten Widerstand und konnte erst 1915 mit deutscher Hilfe niedergerungen werden. Italien gelang es auch in zwölf (!) Isonzoschlachten (Isonzo = slowenisch Soca, Fluss nahe der heutigen Grenze zwischen Italien und Slowenien) nicht, in den angeblich „weichen Unterleib“ der k.u.k. Monarchie einzudringen; im Gegenteil, nach der 12. Schlacht rückten die österreich-ungarischen Truppen mit Unterstützung der deutschen 14. Armee bis an den Piave, weit in Italien, vor. (Ernest Hemingway, für Italien als Sanitäter im Einsatz, schrieb darüber in seinem Roman „In einem andern Land“ [„Farewell to Arms“]). Auch im Gebirgskrieg in den Dolomiten (Südtirol) blieb Italien erfolglos. Die Adria wurde eher von der k.u.k. Kriegsmarine beherrscht als von Italien. Kriegsgefangene wurden unter anderem in den im heutigen Österreich gelegenen, großen Lagern Sigmundsherberg und Feldbach fest gehalten. Große Internierungslager befanden sich in Drosendorf, Karlstein an der Thaya und Grossau. Die 1917 gehegte Hoffnung, dass der Waffenstillstand mit Russland, dem dort im gleichen Jahr die Oktoberrevolution folgte, die Wende zu einem Sieg der Mittelmächte einleiten würde, erfüllte sich aufgrund der mittlerweile eingetroffenen US-amerikanischen Armee nicht. Die Überlegenheit des Deutschen Reiches, das wesentlich mehr Menschen, Rohstoffe, Waffen usw. in den Krieg investieren konnte, ließ die k.u.k. Monarchie im Lauf des Krieges immer mehr unter den Einfluss des deutschen Generalstabes gelangen. Dieser wollte auch nach dem Kriegseintritt der USA 1917 auf Seiten der Entente lang nicht einsehen, dass der Krieg nicht mehr zu gewinnen war. Die deshalb geheim erfolgten Friedensbemühungen Kaiser Karls I. blieben vergeblich, die USA hatten die tschechischen Exilanten bereits als Vertreter der zu gründenden Tschechoslowakei anerkannt und verhandelten lieber mit den präsumtiven Nachfolgestaaten der Monarchie als mit dem k.u.k.-Außenministerium. Im Hinterland gab es 1918 große Versorgungskrisen und Streiks, in der Bocche di Cattaro (Bucht von Kotor) in Dalmatien meuterten Matrosen. Das Ende der Doppelmonarchie Als der Reichsrat, das Parlament der österreichischen Reichshälfte, im Mai 1917 nach mehr als drei Jahren parlamentsloser Regierung wieder einberufen wurde, legten Abgeordnete aus den Kronländern Bekenntnisse zu Nationalstaaten ab: Die Polen Galiziens wollten sich einem neu entstehenden polnischen Staat anschließen, die Ukrainer Galiziens keinesfalls unter polnische Herrschaft gelangen. Die Tschechen strebten einen tschechoslowakischen Staat an, die Slowenen und Kroaten wollten mit den Serben einen südslawischen Staat bilden. Die Deutschen Böhmens und Mährens wollten das von den Tschechen beschworene frühere böhmische Staatsrecht nicht anerkennen, da sie befürchteten, in den Ländern der böhmischen Krone als Minderheit unter tschechische Herrschaft zu geraten. In Ungarn konnten sich die nichtmagyarischen Nationalitäten kaum artikulieren, da sie im Budapester Reichstag auf Grund des minderheitenfeindlichen ungarischen Wahlrechts kaum vertreten waren und alle anderen Äußerungen der Kriegszensur unterlagen. Slowaken, Rumänen und Kroaten sahen aber wenig Anlass, weiterhin unter magyarischer Oberhoheit zu leben. Ein Ausweg aus dieser rechtlich und politisch verfahrenen Situation ließ sich im Krieg ebenso wenig finden wie vor 1914. Am 16. Oktober 1918 erließ Karl I./IV. letztlich das Völkermanifest. Dieses Manifest sollte den Anstoß dazu geben, die österreichische Reichshälfte unter der Schirmherrschaft des Kaisers in eine Konföderation freier Völker umzuwandeln. Die Nationalitäten Österreichs wurden dazu aufgerufen, eigene Nationalräte (Volksvertretungen) zu bilden. Die ungarische Regierung, die die Lage gründlich verkannte, machte dem König keinen ähnlichen Vorschlag; Karl IV. war politisch zu schwach, ein solches Manifest über die Köpfe der ungarischen Regierung hinweg zu publizieren. Die Nationalitätenfragen Österreichs ließen sich jedoch nicht von denen Ungarns trennen: Die Kroaten im österreichischen Dalmatien wollten den südslawischen Staat mit den Kroaten des ungarischen Kroatien gründen, die österreichischen Tschechen die Tschechoslowakei mit den ungarischen Slowaken. Der mit dem Manifest unternommene Versuch, die Neuordnung der k.u.k. Monarchie unter wenigstens nomineller Führung durch das Haus Habsburg zu ermöglichen, musste somit fehlschlagen. Nationale Wünsche waren weitaus stärker als verbliebene Reste dynastischer Loyalität. Am 21. Oktober 1918 bildeten die deutschen Abgeordneten des Reichsrates die Provisorische Nationalversammlung für Deutschösterreich. Am 30. Oktober setzte die Nationalversammlung unter Vorsitz von Karl Seitz den deutschösterreichischen Staatsrat (Vorsitz: ebenfalls Seitz, Staatskanzler: Karl Renner) als Vollzugsausschuss ihrer Beschlüsse ein, der die Staatsregierung berief. Am 28. Oktober 1918 übernahmen die Tschechen in Prag von den k.k. Behörden unblutig die Macht und riefen die Tschechoslowakische Republik aus. Galizien schloss sich dem neu entstehenden Polen an. Slowenen und Kroaten wurden am 30. Oktober Mitgründer des neuen südslawischen Staates. Die ungarische Regierung kündigte am 31. Oktober 1918 die Realunion mit Österreich auf, womit Österreich-Ungarn aufgelöst war. (Die drei gemeinsamen Ministerien konnten nur noch die Trennung administrieren.) In Siebenbürgen übernahmen die Rumänen die Macht. Am 11. November wurde Kaiser Karl I. von den republikanisch gesinnten deutschösterreichischen Spitzenpolitikern dazu bewogen, auf jeden Anteil an den Staatsgeschäften zu verzichten; eine förmliche Abdankung hatte er abgelehnt. Am gleichen Tag entließ der Kaiser die funktionslos gewordene k.k. Regierung von Ministerpräsident Heinrich Lammasch. Am 12. November 1918 fand in Wien die letzte Reichsratssitzung statt, am gleichen Tag rief der Staat Deutschösterreich die Republik aus. Am 13. November leistete der letzte Habsburger-Monarch als König Karl IV. von Ungarn den gleichen Verzicht (Ungarn blieb Königreich ohne König). In den Pariser Vorortverträgen (Vertrag von Saint-Germain mit Österreich und Vertrag von Trianon mit Ungarn) wurden Gebietsabtretungen und Grenzen der Nachfolgestaaten der Monarchie offiziell festgelegt. Die Verträge bestätigten die völkerrechtliche Anerkennung der Nachfolgestaaten Ungarn, Polen, Tschechoslowakei, Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (ab 1929 Jugoslawien) sowie Gebietsabtretungen an Italien und Rumänien. Deutschösterreich wurde der Anschluss an Deutschland verboten, ebenso die Verwendung des Begriffs „Deutsch“ im Staatsnamen; der Vertrag wurde daher mit der „Republik Österreich“ geschlossen, der bis dahin geführte Staatsname schien nicht mehr auf. Ungarn musste zugunsten der Tschechoslowakei, Rumäniens, des Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen sowie Österreichs auf zwei Drittel des bisherigen Staatsgebietes verzichten und die Habsburger entthronen. Verfassung Eine gemeinsame Verfassung des Doppelstaates gab es nicht. Die legistische Grundlage der Donaumonarchie bildeten die drei folgenden Gesetze, die – gleichlautend – in Österreich und Ungarn Gültigkeit hatten: die Pragmatische Sanktion Kaiser Karls VI. vom 19. April 1713, das Verfassungsgesetz (damals inoffiziell Delegationsgesetz genannte), für Cisleithanien (Österreich) als Teil der Dezemberverfassung vom 21. Dezember 1867, in Ungarn (Transleithanien) zuvor bereits mit Gesetz XII/1867 kundgemacht, und das Zoll- und Handelsbündnis vom 27. Juni 1878. Die Pragmatische Sanktion hatte – da Karl VI. keinen männlichen Nachkommen besaß – die Herrscherrechte seiner Tochter Maria Theresia und ihrer Nachkommen festgeschrieben. Die Delegationsgesetze Österreichs und Ungarns legten fest, welche Angelegenheiten die beiden Staaten gemeinsam zu führen hatten. Das Zoll- und Handelsbündnis mit gemeinsamer Währung, gegenseitiger Niederlassungsfreiheit und gegenseitiger formloser Anerkennung von Unternehmens- und Patentregistrierungen war eine freiwillige Vereinbarung der beiden Staaten. Der Kaiser von Österreich war in Personalunion auch König von Ungarn und somit zugleich König von Kroatien und Slawonien. Dies geschah nunmehr im eigenen Recht Ungarns und nicht mehr in Ableitung aus der österreichischen Kaiserwürde. Die den Delegationsgesetzen zufolge gemeinsamen Angelegenheiten, Außenpolitik und Armee, wurden durch gemeinsame Ministerien verwaltet: Außen-, Kriegs- und Finanzministerium; dieses nicht für die gesamten Finanzen der Doppelmonarchie, sondern nur zur Finanzierung der gemeinsamen Angelegenheiten. Diese Konstruktion wurde als Realunion bezeichnet. Institutionen, die beide Reichshälften betrafen, wurden als „k. u. k.“ (kaiserlich und königlich) bezeichnet. Die Regierung von Cisleithanien wurde als „k. k.“ („kaiserlich-königlich“) bezeichnet, wobei sich königlich auf die böhmische Königswürde bezog, die der österreichische Kaiser ebenfalls innehatte. Regierung und Institutionen der ungarischen Reichshälfte wurden mit „kgl. ung.“ („königlich ungarisch“) bzw. „m. kir.“ (magyar királyi) bezeichnet. Der nach dem Ausgleich des Jahres 1867 am 14. November 1868 vom Kaiser und König festgelegte Herrschertitel und Staatsname: Bei im Namen des Kaisers abgeschlossenen Verträgen: Kaiser von Österreich und Apostolischer König von Ungarn Persönliche Bezeichnung: Seine K. u. K. Apostolische Majestät Staatsname: Österreichisch-Ungarische Monarchie (schon in einem am 2. Juni 1868 kundgemachten Staatsvertrag mit Schweden und Norwegen verwendet) Die Verwendung des Namens Österreich erfolgte in der inländischen Staatspraxis sparsam, wohl aus Rücksicht auf die nichtdeutsche Mehrheit im Kaisertum Österreich. Einerseits regelte im Staatsgrundgesetz vom 21. Dezember 1867 (RGBl. 142/1867) Artikel 1, es bestehe „für alle Angehörigen der im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder […] ein allgemeines österreichisches Staatsbürgerrecht“. Andererseits wurde das Staatsgebiet häufig mit dem Begriff „die im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder“ umschrieben, ein Begriff, der außerhalb amtlicher Texte stets durch Österreich ersetzt wurde, bis dies 1915 (!) auch offiziell so bestimmt wurde. Herrscher und Ministerpräsidenten Franz Joseph I. 1867–1916 8. Juni 1867 Krönung zum König von Ungarn (I. Ferenc József) 21. November 1916 gestorben Karl I./IV. 1916–1918 21. November 1916 Mit dem Tod seines Vorgängers automatisch Kaiser und König; die Krönung in der österreichischen Reichshälfte sollte nach dem Krieg stattfinden. 30. Dezember 1916 Krönung zum König von Ungarn als Karl IV. (IV. Károly) 11. November 1918 Regierungsverzicht in der österreichischen Reichshälfte (keine Abdankung) 13. November 1918 Regierungsverzicht in der ungarischen Reichshälfte (keine Abdankung) Nach dem österreichisch-ungarischen Ausgleich von 1867 hatte jede der beiden Reichshälften ihren eigenen Ministerpräsidenten, der mit Zustimmung des Monarchen sein eigenes Kabinett berief. Aufgrund der Verfassungs- und der realpolitischen Entwicklung der Habsburgermonarchie blieb der österreichische Ministerpräsident ausschließlich vom Willen des Kaisers abhängig (ein Misstrauensvotum, das zum Rücktritt verpflichtete, gab es im Reichsrat nicht), der ungarische Ministerpräsident vom Willen des Königs und der ungarischen Aristokratie. Insbesondere in der österreichischen Reichshälfte wechselten die Amtsträger ab den frühen 1890er Jahren häufig; nur wenige Politiker konnten prägenden Einfluss gewinnen. Direkt vom Kaiser ohne Vorschlag eines Ministerpräsidenten besetzt wurden die für den österreich-ungarischen Gesamtstaat verantwortlichen Ämter des k.u.k. Außenministers, des k.u.k. Kriegsministers (jede Reichshälfte hatte zusätzlich noch eigene Landesverteidigungsministerien, die für die jeweilige nationale Landwehr zuständig waren) und des k.u.k. Finanzministers (zuständig für das Budget der k.u.k. Armee und des Außenministeriums, jede Reichshälfte hatte zusätzlich noch eigene Finanzministerien). Österreich-Ungarn hatte als Ganzes keinen Regierungschef; im Ministerrat für gemeinsame Angelegenheiten führte der Außenminister den Vorsitz, dieser trug aber zumindest zur Zeit des Außenministers Friedrich Ferdinand von Beust (1867-1871) den zusätzlichen Titel Reichskanzler. Reichsteile und Länder Der Fluss Leitha bildete streckenweise die Grenze zwischen den beiden Reichshälften Österreich und Ungarn (entspricht der heutigen burgenländischen Westgrenze). Daraus leiteten sich die Bezeichnungen Cisleithanien („Land diesseits der Leitha“ für die westliche Reichshälfte) und Transleithanien („Land jenseits der Leitha“ für die östliche Reichshälfte) ab. Cisleithanien hieß offiziell Die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder (vorher inoffiziell, seit 1915 offiziell Österreich genannt), die einzelnen Länder wurden als Kronländer bezeichnet. Die Länder Transleithaniens wurden offiziell als Die Länder der heiligen ungarischen Stephanskrone bezeichnet. Von beiden Reichshälften gemeinsam verwaltet wurde das zuvor zum Osmanischen Reich gehörige Land Bosnien und Herzegowina, das 1878 besetzt und 1908 unter Inkaufnahme der Bosnischen Annexionskrise in den Reichsverband eingegliedert wurde. Die folgenden Tabellen zeigen die Ergebnisse des Zensus vom 31. Dezember 1910. Cisleithanien: 1. Böhmen 2. Bukowina 3. Kärnten 4. Krain 5. Dalmatien 6. Galizien und Lodomerien 7. Küstenland 8. Österreich unter der Enns 9. Mähren 10. Salzburg 11. Österreichisch Schlesien 12. Steiermark 13. Tirol 14. Österreich ob der Enns 15. Vorarlberg Transleithanien: 16. Ungarn mit Vojvodina und Siebenbürgen 17. Kroatien und Slawonien 18. Bosnien und Herzegowina Im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Groß- und Mittelmächten hatte Österreich-Ungarn keine kolonialen Ambitionen. Die einzige außereuropäische koloniale Besitzung der Doppelmonarchie bestand zwischen 1901 und 1917 in einer kleinen Konzession in der chinesischen Stadt Tianjin (Tientsin). Die Konzession lag am Kaiserkanal beziehungsweise am Hai He (Peiho) und umfasste ungefähr eine Fläche von 2,5 km². Bevölkerung und Nationalitäten Für die folgenden Aufstellungen wird die Volkszählung vom 31. Dezember 1910 zu Grunde gelegt. Die Umgangssprachen Österreich-Ungarns 1910 In den Volkszählungen wurde in Österreich-Ungarn jeweils die Umgangssprache ermittelt. Juden gaben in Altösterreich meist Deutsch als Umgangssprache an, ebenfalls Beamte, die zwar Deutsch nicht als Muttersprache hatten, aber durch den Einsatz im Verwaltungsapparat vorwiegend deutsch sprachen. Exakte Zahlen über die nationale Zuordnung existieren nicht. Umgangssprachen in den Kronländern der österreichischen Reichshälfte Magyarisierungspolitik in Ungarn Nach dem Ausgleich mit Österreich kam es 1868 innerhalb der ungarischen Reichshälfte zu einem ungarisch-kroatischen Ausgleich. Dieser Ausgleich sicherte Kroatien und Slawonien eine beschränkte Autonomie zu. In den anderen Teilen Ungarns nahmen die Spannungen unter den Volksgruppen jedoch zu. Gründe für diese Spannungen waren sowohl die Magyarisierungspolitik der ungarischen Regierung als auch die Zunahme der Intoleranz der Nationalitäten untereinander. Im Gegensatz zu den im Königreich Ungarn lebenden Minderheiten wie Slowaken oder Rumänen hatte der Nationalismus der Magyaren die Staatsmacht auf seiner Seite und war somit in der stärkeren Position, obwohl die ethnischen Ungarn nur etwa die Hälfte der Bevölkerung stellten. Die Umsetzung der an sich liberalen Minderheitengesetzgebung hatte in einer solchen Atmosphäre kaum Erfolg. Das Nationalitätengesetz von 1868 bestimmte zwar Ungarisch als Staatssprache, ließ jedoch Minderheitensprachen auf regionaler, lokaler und kirchlicher Ebene zu. Doch diese Regelung wurde oft nicht in die Tat umgesetzt, und die Minderheiten sahen sich Assimilierungsversuchen ausgesetzt. Ab 1875 wurde unter Ministerpräsident Kálmán Tisza (1875–1890) eine konsequente Magyarisierungspolitik betrieben, um alle Nichtmagyaren in 40 Jahren zu Ungarn zu machen. Bereits im Revolutionsjahr 1848 ergriffen slowakische Angehörige des ungarischen Parlaments die Initiative, um sich beim Kaiser Unterstützung gegen die Magyarisierungspolitik zu holen. Es wurde eine Erklärung mit „Forderungen der slowakischen Nation“ abgegeben, welche man dem Kaiser und der ungarischen Nationalregierung übergab. Gefordert wurde die Föderalisierung Ungarns, die Konstituierung einer ethnopolitischen Einheit, die Festlegung der slowakischen Grenzen, ein eigener Landtag, eine slowakische Nationalgarde, nationale Symbole, das Recht auf Gebrauch der slowakischen Sprache, allgemeines Wahlrecht und eine gleichberechtigte Vertretung im ungarischen Parlament. Die Magyaren jedoch sahen dadurch ihre Machtstellung in Oberungarn, wie sie die heutige Slowakei nannten, in Gefahr und reagierten mit Kriegsrecht und Haftbefehlen gegen die slowakischen Nationalführer. In Wien und Böhmen wurden slowakische Exilregierungen errichtet, die Hoffnungen der Slowaken wurden aber enttäuscht. Nach der Revolution ließ man die Ungarn mit ihrer zentralistischen Verwaltung gewähren. Der Ausgleich von 1867 lieferte die Minderheiten nun völlig der Magyarisierungspolitik Budapests aus. Zwischen 1881 und 1901 hatten die Slowaken keine eigenen Abgeordneten im ungarischen Parlament, auch danach waren es im Verhältnis weniger, als ihr Bevölkerungsanteil ausmachte. Versuche Budapests vor und während des Ersten Weltkriegs, dem serbischen und rumänischen, auf Expansion bedachten Nationalismus mit Zugeständnissen entgegen zu wirken, kamen zu spät. Auswanderung aus Österreich-Ungarn Zwischen 1876 und 1910 wanderten rund 3,5 Millionen (andere Zahlen geben bis zu 4 Millionen an) Einwohner der Doppelmonarchie aus. Sie waren arm und arbeitslos und erhofften sich in einem anderen Land bessere Lebensbedingungen. Etwa 1,8 Millionen Menschen kamen davon aus der cisleithanischen Reichshälfte und etwa 1,7 Millionen aus der transleithanischen Hälfte. Fast drei Millionen von ihnen hatten als Reiseziel die Vereinigten Staaten von Amerika, 358.000 Personen wählten Argentinien als neue Heimat, 158.000 gingen nach Kanada, 64.000 nach Brasilien und 4.000 wanderten nach Australien aus. Der Rest verteilte sich auf andere Länder. Allein im Jahre 1907 verließen rund eine halbe Million Menschen ihre Heimat. Die Regierungen Österreichs und Ungarns waren besorgt, da sich unter den Auswanderern viele junge arbeitsfähige Männer befanden. 1901–1905 wurden allein in Österreich 65.603 Liegenschaften, davon 45.530 kleinere Parzellen, von Auswanderern öffentlich versteigert. Ausgewanderte schrieben an ihre daheimgebliebenen Bekannten und Familienangehörige oft begeistert von „drüben“ – manchmal waren gleich bezahlte Schiffsfahrkarten beigelegt. Die wichtigsten Ausgangshäfen für die Auswanderer waren Hamburg und Bremen, wo die Schiffe der großen Reedereien, die Norddeutsche Lloyd und die Hamburg-Amerika-Linie, anlegten. Dauerte eine Schifffahrt nach New York zur Mitte des 19. Jahrhunderts mit den ersten Dampfschiffen noch rund ein Monat, so betrug die Fahrtzeit um 1900 bei gutem Wetter nur noch eine Woche. Von Triest aus mit der Austro-Americana dauerte eine Reise nur noch 15 Tage. Jährlich führten 32 bis 38 Fahrten in die USA. Die Reisebedingungen waren für die zumeist armen Auswanderer oft miserabel. Für die Reedereien, die am Komfort für die weniger wohlhabenden Passagiere sparten, war das Auswanderergeschäft äußerst lukrativ und daher sehr hart umkämpft. Die meisten Auswanderer kamen aus Galizien im heutigen Polen und in der Ukraine. 1907-1912 waren es 350.000, wie aus einer Interpellation von polnischen Reichsratsabgeordneten an verschiedene österreichische Minister am 12. März 1912 hervorging. Wirtschaft Bergbau Der Bergbau erwirtschaftete per 1889 78,81 Millionen Gulden. Die wichtigsten abgebauten Rohstoffe waren Braun- und Steinkohle sowie Salz. Weiters von Bedeutung waren auch Graphit, Blei und Zink. An Edelmetallen konnten 35.435 Meterzentner Silber abgebaut werden. Der Goldbergbau spielte schon damals praktisch keine Rolle mehr – 1889 wurden lediglich rund 13 Kilogramm Gold abgebaut. Industrialisierung Die österreichisch-ungarische Wirtschaft veränderte sich während der Existenz der Doppelmonarchie erheblich. Die technischen Veränderungen beschleunigten sowohl die Industrialisierung als auch die Urbanisierung. Während die alten Institutionen des Feudalsystems immer mehr verschwanden, breitete sich der Kapitalismus auf dem Staatsgebiet der Donaumonarchie aus. Zunächst bildeten sich vor allem um die Hauptstadt Wien, in der Obersteiermark, in Vorarlberg und in Böhmen wirtschaftliche Zentren heraus, ehe im weiteren Verlauf des neunzehnten Jahrhunderts die Industrialisierung auch in Zentralungarn und den Karpaten Einzug hielt. Resultat dieser Struktur waren enorme Ungleichheiten in der Entwicklung innerhalb des Reiches, denn generell erwirtschafteten die westlich gelegenen Wirtschaftsregionen weit mehr als die östlichen. Zwar war bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts im annähernd gesamten Staatsgebiet die Wirtschaft rapide gewachsen und das gesamte Wirtschaftswachstum konnte sich durchaus mit dem anderer europäischer Großmächte messen, doch aufgrund des späten Einsetzens dieser Entwicklung blieb Österreich-Ungarn weiterhin im internationalen Vergleich rückständig. Haupthandelspartner war vor dem ersten Weltkrieg mit weitem Abstand an erster Stelle das Deutsche Reich (1910: 48 % aller Exporte, 39 % aller Importe), gefolgt von Großbritannien (1910: knapp 10 % aller Exporte, 8 % aller Importe). Der Handel mit dem geografisch benachbarten Russland hatte dagegen nur ein relativ geringes Gewicht (1910: 3 % aller Exporte, 7 % aller Importe). Haupthandelsgüter waren landwirtschaftliche Produkte. Verkehr Eisenbahn Der Eisenbahntransport expandierte in Österreich-Ungarn rapide. Schon im Vorgängerstaat, dem Kaisertum Österreich, war 1841 von Wien ausgehend ein bedeutender Anteil an Schienenverbindungen entstanden. Grund dafür war, dass die Regierung das große Potenzial des Eisenbahnverkehrs für militärische Zwecke erkannt hatte und somit viel in deren Ausbau investierte. Wichtige Zentren wie Pressburg, Budapest, Prag, Krakau, Graz, Laibach und Venedig wurden in das Netz integriert. 1854 waren etwa sechzig bis siebzig Prozent der 2000 Streckenkilometer unter staatlicher Kontrolle. Allerdings begann die Regierung zu diesem Zeitpunkt große Streckenabschnitte an Privatinvestoren zu verkaufen, um der finanziellen Belastung Herr zu werden, die infolge der Revolution von 1848 und des Krimkriegs entstanden war. Von 1854 bis 1879 wurde beinahe das komplette Schienennetz von privaten Investoren übernommen. In dieser Zeit erweiterte sich die Streckenlänge in Cisleithanien um 7952 Kilometer, in Ungarn um 5839 Kilometer, was zur Folge hatte, dass neue Gebiete vom Bahnnetz erschlossen wurden. Von nun an war es möglich, auch weit entfernte Gebiete zu erreichen und in den wirtschaftlichen Fortschritt zu integrieren, was zu Zeiten, als der Transport noch von Flüssen abhängig war, nicht möglich war. Ab 1879 begannen die Regierungen in Österreich und Ungarn das Bahnnetz wegen der schwerfälligen Entwicklung während der weltweiten Wirtschaftskrise in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts wieder zu verstaatlichen. Zwischen 1879 und 1900 wurden in Cisleithanien und Ungarn mehr als 25.000 Kilometer neue Bahnstrecken angelegt. Während dieser Periode gelang es der Doppelmonarchie, mittels Bahneinsatzes die Transportkosten im Inneren zu reduzieren und neue Märkte außerhalb des Landes zu erschließen. Schifffahrt Aufgrund der Besitzungen im Österreichischen Küstenland sowie am weiteren Balkan verfügte Österreich über mehrere Seehäfen. Der bedeutendste davon war Triest, wo die österreichische Handelsmarine mit ihren beiden bedeutendsten Gesellschaften Österreichischer Lloyd und Austro-Americana sowie einige Werften ihren Sitz hatten, und auch die k. u. k. Kriegsmarine zahlreiche Schiffe anfertigen und ankern ließ. Dem Aufschwung voraus ging jedoch der Niedergang Venedigs, das zudem von 1815 bis 1866 keine Konkurrenz für Österreich-Ungarn darstellen konnte, da es Teil der Monarchie war. Zuvor konnte die Handelsmarine kaum Bedeutung erlangen, angesichts der großen Konkurrenz in Venedig. Auch die Kriegsmarine erlangte erst zur Zeit Österreich-Ungarns große Bedeutung. Die Gründung einer solchen scheiterte lange am Geldmangel des Hauses Habsburg. Der wichtigste Hafen für die ungarische Reichshälfte war Fiume, von wo aus die ungarischen Schifffahrtsgesellschaften, deren bedeutendste die Adria war, operierten. Ein weiterer wichtiger Hafen war Pola – vor allem für die Kriegsmarine. Im Jahr 1889 zählte die österreichische Handelsmarine 10.022 Schiffe, wovon 7.992 Fischereischiffe und -Boote waren. Für den Küsten- und Seehandel bestimmt waren 1.859 Segler mit 6.489 Mann Besatzung und einer Ladekapazität von 140.838 Tonnen sowie 171 Dampfschiffe mit einer Ladekapazität von 96.323 Tonnen und einer Besatzung von 3.199 Mann. In einem Gesetz vom 19. Juni 1890 wurde zur Förderung des Baus von Dampf- und Segelschiffen aus Eisen oder Stahl im Inland für den Schiffsbetrieb zur See die Befreiung von der Erwerb- und Einkommensteuer auf die Dauer von 15 Jahren gewährt. Dies betraf vor allem den Bau und Betrieb von kleinen Dampfern für die Küstenschifffahrt in Dalmatien. Die Erste Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft (DDSG) wiederum war bis Ende der Donaumonarchie die größte Binnenschifffahrtsgesellschaft der Welt, während der Österreichische Lloyd eine der größten Hochsee-Reedereien der damaligen Zeit, mit Reisezielen im Orient, sowie ab Errichtung des Suez-Kanals, auch in Asien, war. Vor Kriegsausbruch zählte er 65 mittlere bis große Dampfschiffe. Die Austro-Americana zählte vor Kriegsausbruch etwa ein Drittel davon, verfügte aber mit der S.S. Kaiser Franz Joseph I. über das größte österreichische Passagierschiff. Im Gegensatz zum Österreichischen Lloyd steuerte die Austro-Americana fast ausschließlich Ziele in Nord- und Südamerika an. Bis zum Kriegsausbruch 1914 beförderte die Gesellschaft unter anderem 101.670 Auswanderer von Österreich-Ungarn in die Vereinigten Staaten. Kultur und Wissenschaft Besonders der wirtschaftliche Aufschwung der Donaumonarchie ist mit Franz Josephs I. Namen verbunden, der nach wie vor auf vielen Wiener Prachtbauten aus dieser Zeit als Inschrift zu lesen ist. Nach der 1857 vom Kaiser angeordneten Schleifung der mittelalterlichen Stadtbefestigungen Wiens war Platz für eine die gesamte Innenstadt umfassende Prachtstraße geworden. Entlang dieser Straße, der Wiener Ringstraße, fertiggestellt 1865, entstanden nicht nur die Palais der reichen Bankiers und Großindustriellen, sondern auch der Erweiterungsbau der kaiserlichen Hofburg, große Museen, die die kaiserlichen Kunst- und Natursammlungen beherbergten, ein Parlamentsgebäude für den Reichsrat, die Neue Universität, das Neue Rathaus, das Hofburgtheater und eine zum Andenken an die Errettung des Kaisers vor einem Attentäter im Jahre 1853 gestiftete Votivkirche. Der Suizid des Architekten Van der Nüll, Miterbauer der Wiener Oper, als Reaktion auf eine Kritik des Kaisers, veranlasste Franz Joseph, zu kulturellen Angelegenheiten nur noch sehr zurückhaltend Stellung zu nehmen. Es heißt, der Kaiser habe sich bei allen möglichen kulturellen Anlässen nur noch mit der stereotypen Phrase: „Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut!“ geäußert. Obwohl Franz Joseph I. oft als schwarzer Reaktionär und grauer Bürokrat beschrieben wurde, blühte besonders in den Jahren um 1900 unter seiner Regierung die Geisteskultur in Österreich-Ungarn wie nie zuvor und nie danach. Allerdings nahm der Monarch – im Gegensatz zu seinem Sohn Kronprinz Rudolf – nie selbst aktiv an den neuen kulturellen und intellektuellen Strömungen Anteil; sie berührten ihn nicht, während sein späterer Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand oft wütend dagegen auftrat. Wien war Anziehungspunkt für viele Wissenschaftler wie Christian Doppler und Ludwig Boltzmann, darunter auch eine Reihe späterer Nobelpreisträger wie Albert Einstein, der von Franz Joseph 1911 kurzzeitig zum Universitätsprofessor in Prag ernannt worden war. Philosophen der Moderne wie Ludwig Wittgenstein, der aus einer österreichisch-ungarischen Großindustriellenfamilie stammte, und Ernst Mach beeinflussten die Arbeit der Mitglieder des Wiener Kreises bis in die 1920er Jahre. Nicht zufällig fallen auch Sigmund Freuds wichtigste Arbeiten an der medizinischen Fakultät der Universität Wien in die Zeit um 1900. Auf dem Gebiet der Bildenden Kunst entwickelte sich Gustav Klimt vom Dekorationsmaler der Ringstraßen-Bauten über die Wiener Secession zum Vorreiter der modernen Malerei. Die Zurückhaltung des Kaisers erlaubte es dem Architekten Adolf Loos, genau gegenüber dem barocken inneren Burgtor der kaiserlichen Hofburg im Jahre 1910 sein umstrittenes erstes schmuck- und ornamentloses Wohnhaus zu bauen. Franz Joseph soll die Hofburg seit damals stets durch andere Tore verlassen haben. Auch die Österreichische Filmgeschichte begann in Österreich-Ungarn. In Wien wurden 1896 die ersten beweglichen Bilder Österreichs von den Gebrüdern Lumière präsentiert, und bis zur Gründung der ersten österreichischen Filmproduktionsgesellschaften Ende der 1910er Jahre waren hauptsächlich französische Filmgesellschaften für die noch sehr bescheidene Filmproduktion verantwortlich. Während des Ersten Weltkriegs entstanden mehrere Kriegswochenschauen, die patriotisch und unter Aufsicht der kaiserlichen Zensurbehörde vom Frontgeschehen berichteten. Auch Propagandafilme wurden in großer Anzahl hergestellt, und 1918, das letzte Jahr der Habsburger-Herrschaft, war mit rund 100 Spielfilmen auch das produktivste Jahr der österreichischen Filmindustrie zur Zeit der Monarchie. Im heutigen Budapest, seit 1777 Universitätsstadt, war schon 1834-41 das Nationalmuseum und 1864 das Palais der Akademie der Wissenschaften errichtet worden. Nach dem Ausgleich 1867 waren die Ungarn bestrebt, ihre Hauptstadt zur Konkurrentin Wiens werden zu lassen. Buda (Deutsch: Ofen) am rechten Donauufer war mit der Königsburg lang die bedeutendste Stadt des Königreiches gewesen, wurde aber im 19. Jahrhundert vom linksufrigen Pest überholt. 1872 wurden die beiden Städte zu Budapest vereinigt. Opernhäuser, Theater, Bibliotheken und Museen wurden errichtet, in Pest erhielt die Stadt auch eine Ringstraße (körút). Am Pester Donauufer entstand das riesige neugotische Parlamentsgebäude. Bei Neubauten um 1900 wurden Jugendstil und ungarischer Nationalstil angewandt, oft auch eine Mischung beider. Bildung Im Bereich der allgemeinen Volkbildung kam es durch die allgemeine Unterrichtspflicht zu einem kontinuierlichen Rückgang des insbesondere in den östlichen und südlichen Reichsteilen noch vielfach vorhandenen Analphabetentums. Dieses blieb jedoch weiterhin ein erhebliches bildungspolitisches Problem und behinderte die Teilnahme von weiten Bevölkerungskreisen am gesellschaftlichen und politischen Leben. Neben dem Grundschulwesen bestand parallel für den Militär-Nachwuchs ein eigenes Schulsystem, welches speziell auf militärische Anforderungen ausgerichtet war. Eine Übersicht über diese Schule findet sich in den folgenden beiden Artikeln: Militärschulwesen (Österreich, 1859) Militärschulwesen (Österreich, 1900) Insignien Flaggen Österreich-Ungarn besaß keine gemeinsame Staatsflagge, jedoch eine gemeinsame rot-weiß-rote Kriegs- und Marineflagge (mit einem gekrönten Bindenschild) und eine gemeinsame, 1869 eingeführte Handelsflagge (eine Kombination aus der Marineflagge und der ungarischen Reichsflagge, die durch das kleine ungarische Wappen ergänzt wurde). Die Farben des Hauses Habsburg waren gleichzeitig die Flagge der österreichischen Reichshälfte. Die ungarische Reichshälfte besaß als Flagge eine rot-weiß-grüne Trikolore, versehen mit dem ungarischen Wappen. Wappen Von 1867 bis 1915 war der Doppeladler der Dynastie Habsburg-Lothringen („Haus Österreich“) das Hoheitszeichen für gemeinsame (k.u.k.) Institutionen Österreich-Ungarns. Im Jahr 1915 wurde ein neues gemeinsames Wappen eingeführt, welches eine Kombination aus den Wappen der beiden Reichshälften und dem des Herrscherhauses ist. Die Devise INDIVISIBILITER AC INSEPARABILITER („unteilbar und untrennbar“), soll die Verbundenheit der beiden in der Monarchie vereinigten Staaten darstellen. Das Wappen der österreichischen Reichshälfte zeigte den von der Kaiserkrone überhöhten Doppeladler mit einem Brustschild, der die Wappen der Kronländer beinhaltete. Als Schildhalter dienten zwei Greife. Das ungarische Wappen wurde von der Stephanskrone überhöht und von zwei schwebenden, weiß gekleideten Engeln flankiert.